Zöliakie: Glutenfreie Küche
Zöliakiekranke müssen glutenhaltigen Lebensmitteln aus dem Weg gehen. Am besten gelingt das, wenn man selber kocht und backt. Tipps und Tricks helfen, auch ohne Weizen & Co. lockere Brote, knuspriges Gebäck und fluffige Mehlspeisen auf den Tisch zu bringen.
Hinter dem Begriff Gluten – auch Klebereiweiß genannt – stecken verschiedene Proteine, die natürlicherweise in den gängigen Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste stecken. Dank seiner besonderen Eigenschaften ist Gluten eine von der Lebensmittelindustrie vielfältig eingesetzte Zutat. Es ist in unzähligen verarbeiteten Produkten enthalten – auch in solchen, in denen erst einmal kein Getreidebestandteil vermutet wird. So steckt es in Fleisch- und Wurstwaren, Eis und Fruchtjoghurt, Gemüse- und Obstkonserven, Süßwaren, selbst in Pommes frites, Maisflakes und Milchkaffee. Über das riesige Angebot verarbeiteter Lebensmittel ohne Gluten informiert die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e. V. .
Alternativen gibt es reichlich
Wer selbst zum Kochlöffel greift, kommt ohne lange Listen aus und kann – wie in der Vollwert-Ernährung üblich – eine große Vielfalt frischer, unverarbeiteter Lebensmittel verwenden. Das große Umdenken fängt da an, wo Mehle eingesetzt werden: beim Binden von Suppen und Soßen oder Kochen von Pudding, aber besonders beim Herstellen von Teigen für Brot, Brötchen, Kuchen, Gebäck und Mehlspeisen. Brauchbare Alternativen sind die glutenfreien Getreide wie Mais, Reis, Hirse, Buchweizen, Amaranth und Quinoa und auch Vertreter anderer Lebensmittelgruppen: Mehle aus Hülsenfrüchten wie Sojabohnen, Linsen und Kichererbsen, aber auch aus Kastanien, Teff oder Silberbuchweizen, Bananen oder Kokos. Kartoffeln und Gemüse sowie Nüsse und Saaten werden gezielt zur Teigverbesserung eingesetzt. Als alternative Bindemittel bieten sich Johannisbrot- und Guarkernmehl, gequollener Leinsamen, gemahlene Erdmandeln oder Flohsamenschalen an.
Alternativen zum ...
Backen: glutenfreie Mehle oder gequollene bzw. fein geriebene Linsen, Sojabohnen, Kastanien, Kichererbsen, Teff, Silberbuchweizen, Nüsse und Saaten, Bananen, Kokos, Kartoffeln, Gemüse
Stabilisieren/Feuchtigkeit halten: Johannisbrot- und Guarkernmehl, gequollener Leinsamen, Flohsamenschalen, geriebene rohe Kartoffeln
Binden: glutenfreie Mehle, Stärken wie Pfeilwurzelmehl, Knollen- und Wurzelgemüse, Kartoffeln, Nussmuse
Pudding kann problemlos mit Reis- und Maismehl gekocht werden. Eventuell benötigen Sie etwas mehr Mehl und eine längere Kochzeit, damit die Stärke richtig quillt. Um Suppen und Soßen zu binden, sind glutenfreie Mehle ebenfalls geeignet. Sämige und geschmackvolle Bindung bringen hier Wurzel- und Knollengemüse wie Pastinake, Petersilienwurzel, Karotte oder Sellerie sowie Kartoffeln, fein geraffelt oder püriert. Wunderbar einzusetzen sind auch Nussmuse: in Flüssigkeit eingerührt und aufgekocht, dicken sie nicht nur, sondern schmecken fein bis kräftig aromatisch. Mit Cashew- oder weißem Mandelmus gelingt so zum Beispiel eine feine vegane „Béchamel“-Soße. Auch Fleischsoßen lassen sich damit leicht binden und verfeinern. Sesam- und Erdnussmus geben asiatischen Gerichten das gewisse Etwas.
Ausprobieren lohnt sich
Um bei Teigen gute Ergebnisse zu erzielen, braucht es Experimentierfreudigkeit und etwas Erfahrung. Denn die pauschale hausgemachte, glutenfreie Mischung als einfachen Weizenmehlersatz für alle Gelegenheiten gibt es nicht. Spezialmehle der Industrie enthalten oft zahlreiche Zusätze, isolierte Stärke und Auszugsmehle. Wenn man darauf verzichten will, wird es bei Brot und Brötchen knifflig. Gluten und die gut quellende und verkleisternde Stärke in Weizen und Dinkel sorgen zusammen dafür, dass Gebackenes elastisch und locker aufgeht, stabil bleibt und lecker mürbe oder knusprig ist, die Feuchtigkeit hält und länger aufzubewahren ist.
Glutenfreies Brot und Gebäck können Feuchtigkeit prinzipiell schlecht halten. Sie benötigen deshalb mehr Flüssigkeit. In manchen Rezepturen hat es sich bewährt, einen Teil des Mehles zu einem Brandteig (Brühstück) zu verarbeiten. Dazu wird Wasser eventuell mit Salz und Öl aufgekocht, das Mehl hinzugefügt und unter Rühren bei hoher Temperatur abgebrannt, bis sich ein Belag am Topfboden bildet. Die Stärke quillt und verkleistert besser und das Gebackene wird nicht so schnell trocken.
Ideal sind schleim- bzw. gelbildende Zutaten wie eingeweichter Leinsamen, Buchweizen (auch gegart), gemahlene Erdmandeln oder Flohsamenschalen. In der Regel benötigen glutenfreie Brot- und Brötchenteige zusätzlich ein Verdickungsmittel wie Johannisbrot-, Guarkern- oder Pfeilwurzelmehl (ca.1 g pro 100 g Mehl), damit sie nicht zusammenfallen und auseinanderbröseln.
Protein und Fett verbessern die Backeigenschaften und natürlich auch den Geschmack. Das heißt, Quark, Joghurt, eventuell fein geriebener Käse, aber auch entsprechende Sojaprodukte, Hülsenfruchtmehle, besonders Vollsojamehl, gemahlene Nüsse, etwas Butter, Margarine oder auch ein Öl helfen dem Teig auf die Sprünge. Peppen Sie nach Belieben den Teig mit fein geriebenem Gemüse oder auch Obst (etwa 20 Prozent der Mehlmenge), mit Saaten, Kräutern und Gewürzen auf. Für eine schönere Kruste lassen Sie die Oberfläche des Brotes uneben und schneiden Brötchen ein. Das Bestreichen mit Öl, Ei, einem Milch- oder Sojaprodukt bringt bei hellen Teigen Farbe.
Hefeteig: gerührt – nicht geknetet!
Glutenfreie Hefeteige werden nur kurz zusammengerührt (nicht geknetet) und haben eine eher breiige Konsistenz. Die Hefe kann zur Lockerung zwar genügend CO2 bilden, aber die Gärgase werden nur schwer gehalten. Deswegen ist es im Allgemeinen besser, kohlensäurereiches Mineralwasser und neben Hefe auch noch Backpulver einzusetzen. Ein Löffel Essig lockert zusätzlich. Lassen Sie den Hefeteig nur einmal gleich in der Form gehen. Dann geht’s ab in den vorgeheizten Ofen, am besten bei Ober-/Unterhitze und mit Dampf: Dafür reicht eine flache mit Wasser gefüllte Auflaufform. Nach dem Abkühlen schneiden Sie das Brot am besten in Scheiben und frieren es portionsweise ein. Aufgetoastet schmeckt es dann bisweilen besser als frisch. Mit der Zeit bekommen Sie ein Gespür dafür, wie Ihr glutenfreies Brot gut gelingt und Ihnen am besten schmeckt.
Sich ans Kochen aus frischen Zutaten heranzutasten, lohnt sich. Geben Sie sich Zeit, sich daran zu gewöhnen, aber bleiben Sie am Ball. Koch- und Backkurse helfen und sollten neben erprobten Rezepten auch Tipps zur Organisation des (Ess-)Alltags bieten. Sie werden auf Dauer diese Art des Genusses und der Lebensqualität nicht mehr missen wollen.
Seminartipp
Im Seminar Gut essen bei Lebensmittelunverträglichkeiten zeigen die UGB-Dozentinnen Stephanie Fromme und Edith Gätjen die praktische Zubereitung köstlicher Speisen aus frischen Zutaten bei Unverträglichkeiten wie Zöliakie, Milch- oder Fruktoseunverträglichkeit.
Quelle: UGB-FORUM 3/2013, S. 131-132
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