Facebook, Twitter & Co. - Chance für Ernährungsberater

Twittern Sie schon oder zögern Sie noch? Bislang nutzen Ernährungsfachkräfte die Möglichkeiten des Web 2.0 kaum, um Kunden und Klienten auf sich und das eigene Angebot aufmerksam zu machen. Dabei gibt es viele gute Gründe, dabei zu sein.

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Mehr und mehr wächst bei selbstständigen Ernährungsberatern die Gewissheit, dass an der Nutzung von Social Media kein Weg vorbei führt. Doch zwischen Wissen und Handeln stehen auch beim Thema Social Media noch viele Hürden. Drei große Fragezeichen versperren dabei häufi g den Eingang in die Social-Media-Welt: Reichen meine zeitlichen und finanziellen Ressourcen, um einen Auftritt in sozialen Netzwerken professionell zu bedienen? Setze ich mich als öffentliche Person im Netz unkalkulierbaren Gefahren oder Angriffen aus? Und rentiert sich der Aufwand wirtschaftlich überhaupt?

Kontakt zu Kunden finden und halten

Grundsätzlich lässt sich feststellen: Social Media ermöglicht den Kontakt zu Kunden und Klienten auf einer ganz neuen, unmittelbaren und persönlichen Ebene. Facebook, Twitter, Xing & Co. bieten viele Möglichkeiten, die eigenen Zielgruppen zu erreichen. Dazu braucht es in sozialen Netzwerken eher Kreativität und Zeit als Geld. Anbieter können hier mit Originalität und Authentizität punkten.

Social Media bietet Selbstständigen in der Ernährungsberatung viele Ansatzpunkte, sich selbst und ihre Dienstleistungen zu kommunizieren: Egal ob Beratungen, Vorträge, Seminare oder Kooperationen – soziale Netzwerke sind eine ideale Plattform, um die eigenen Aktivitäten zu bewerben. Hier kann man sich im besten Sinne als kompetente Fachkraft profilieren, indem man beispielsweise entweder selbst Links zu interessanten Informationen und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen postet oder diese fachkundig kommentiert. Wer sich aktiv einbringt, baut schnell ein Netzwerk auf, in dem sich viele potenzielle Klienten und Auftraggeber finden.

Facebook bringt auch regionale Vernetzung

Susanne Hagedorn, selbstständige Diätassistentin mit eigener Praxis in Reken im Münsterland, ist seit fünfzehn Jahren im Web mit dabei. Am Anfang stand eine private Seite für Kinderrezepte. Heute sendet sie im Web 2.0 auf allen Kanälen. Mit ihrer Website als online-Basis spielt sie über verschiedene Blogs bis hin zu Xing, Twitter und Facebook auf der gesamten Klaviatur von Web 2.0 und Social Media – und das mit Erfolg. Im Zentrum ihrer Aktivitäten im Internet sieht sie neben der Website (www.sh-e.de) ihren Blog und ihre Facebook-Seite: „Facebook schafft für mich in vielen Fällen einen direkten Kontakt zu Klienten, Ansprechpartnern und Auftraggebern. Ich bin unmittelbar an den Leuten dran.“ So hat ihr das soziale Netzwerk zu diversen Vorträgen und zur Beteiligung an einem Buchprojekt verholfen und die Ernährungsberaterin mit Auftraggebern aus der betrieblichen Gesundheitsförderung in Verbindung gebracht. Durch Facebook konnte sie sich auch regional vernetzen, zum Beispiel mit örtlichen Vereinen, die sie für Beratungen oder Vorträge buchen. „Immer öfter erlebe ich, dass mich neue Klienten mit der Bemerkung begrüßen, ‚Ich habe von Ihnen schon was bei Facebook gelesen‘ oder ‚Ich lese häufiger in Ihrem Blog.‘“

Junges Publikum erreichen

Ähnlich aktiv ist der Oecotrophologe Christof Meinhold. Er betreibt seine Praxis für Ernährungsberatung im Zentrum Kölns. Mit rund 1400 Tweets und 1200 Followern – Menschen, die seinem Gezwitscher folgen – ist er wohl bundesweit der aktivste Ernährungsberater auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Seine Facebook-Aktivitäten stehen dem nicht nach: Auch dort kommuniziert Meinhold fast täglich mit seiner Community. „Indem ich mich klar und pointiert zu aktuellen Ernährungsthemen äußere, gewinne ich für mögliche Auftraggeber und Patienten mehr Profil. Ich werde fassbarer für meine Kunden: Wofür stehe ich fachlich, welche Meinung habe ich eigentlich zu den einzelnen Themen? Das sind entscheidende Aspekte für die eigene Profilierung und Positionierung.“

Gleichzeitig nutzt Meinhold Social Media – insbesondere Facebook – für die Ansprache und Akquise bestimmter Zielgruppen: „Wenn mein Ziel ist, mehr Zöliakiepatienten zu erreichen, dann vernetze ich mich auf Facebook, Twitter und Xing gezielt mit Institutionen, die sich in irgendeiner Form mit dem Thema beschäftigen. Parallel dazu kann ich gezielt Meldungen pushen, die diese Zielgruppe und auch Betroffene interessieren. Wer in Social Media ausdauernd auf ein Thema setzt, auf den kommen automatisch Interessierte zu.“ Vor allem wenn es darum geht, junge Zielgruppen zu erreichen und ein jüngeres Publikum für Themen der Ernährungsberatung zu interessieren, ist Social Media in Meinholds Augen als Kommunikationskanal ein absolutes Muss. Es bietet die Chance, Kompetenz zu demonstrieren, ohne die Verständlichkeit zu vernachlässigen. Denn zu wissenschaftlich und bierernst dürfe diese Auseinandersetzung nicht sein, so Meinhold. Er selbst nutzt die Möglichkeiten von Facebook und lockert seine Beiträge mit Fotos oder Karikaturen auf. Durch das Posten von Rezepten und anderen genussorientierten Aspekten versucht er, den Patienten als Ergänzung zur Therapie noch einen anderen Zugang zum Thema zu ermöglichen. „Damit gelingt es oft, dem Patienten über das hinaus, was in der Beratungszeit möglich ist, einen Zusatznutzen zu vermitteln“, sagt Meinhold.

UGB geht mit gutem Beispiel voran

Was Susanne Hagedorn und Christof Meinhold als selbstständige Ernährungsfachkräfte umsetzen, gilt im Grunde auch für Berufs und Fachverbände im Ernährungsbereich. Was Facebook betrifft,geht der UGB mit gutem Beispiel voran. Die meisten anderen trauen sich bislang nicht. Mit kontinuierlichen Posts zu aktuellen Themen hat sich der UGB mehr als 1.700 Fans in drei Jahren erarbeitet. Das ist eine beachtliche Zahl für ein Angebot aus der Ernährungs- und Gesundheitsszene. Der Verband zeigt auf Facebook mit Berichten und Fotos von UGB-Veranstaltungen, Ankündigung von Seminaren und Kongressen oder anderen Meldungen über die eigenen Aktivitäten, wie man mit solider Arbeit Mitglieder und Freunde um sich scharen und mit Informationen versehen kann. Aber das ist noch nicht alles. „Unsere Mitglieder und Kunden erwarten von uns Bewertungen zu aktuellen Ernährungsthemen“, erklärt Stefan Weigt, verantwortlicher Redakteur des Facebook-Auftritts beim UGB. „Bei Bioskandalen oder Verunglimpfungen von Ernährungsberatern in den Medien war Facebook zuletzt ein ideales Medium, um schnell zu reagieren und unseren Standpunkt öffentlich aufzuzeigen.“

Berufsverbände der Oecotrophologen und Diätassistentinnen wie VDOE, VDD oder VFED stecken mit ihren Social-Media-Aktivitäten dagegen noch in den Kinderschuhen. So wagt sich der VDOE seit einigen Monaten mit einem aktiv betriebenen Twitteraccount durchaus erfolgreich nach vorne, während sich der VDD eher zaghaft auf Facebook zeigt – mit vorwiegend verbandsbezogenen Meldungen und Informationen, die eher auf zurückhaltendes Interesse stoßen. Kommentiert wird dort wenig und der Traffic – also die Resonanz – auf der Seite bleibt bislang relativ gering.

Austausch mit Nutzern

Ausgesprochen offensiv und mit lautstarken Forderungen an die Politik agiert die Deutsche Diabetes Hilfe. Unter diabetesDE zeigt sich die Organisation mit derzeit mehr als 3000 Unterstützern erfolgreich auf Facebook. Unter den Institutionen mit öffentlichem Auftrag hat im Ernährungsbereich der aid die Nase vorn. Dort nutzt man neben Twitter vor allem verschiedene Foren auf der Verbraucherplattform was-wir-essen.de. Diese Art mit den Nutzern im Sinne des Web 2.0 dialogisch zu kommunizieren, ist im Grunde als Ersatz für einen Facebook-Auftritt zu werten.

Andernorts überwiegen wohl die Ängste: Bei Fachgesellschaften wie DGE oder DAG und ähnlichen sind die Berührungsängste mit dem Publikum offensichtlich nach wie vor zu stark, um soziale Netzwerke zu nutzen. Denn Social Media verlangt schnelle und direkte Reaktionen, wenn ein Post etwa eine unerwartete Flut von negativen Kommentaren auslöst. Müssen Reaktionen erst zwischen mehreren Entscheidungsträgern abgestimmt werden, kann Social Media schon mal zur Last werden. Der UGB hat hier bislang allerdings keine schlechten Erfahrungen gemacht. „Klar gibt es auch einmal Kritik und andere Meinungen“, räumt Weigt ein. „Aber das ist ja auch gewollt. Social Media ist keine Einbahnstraßen-Kommunikation.“

Vor dem Start Voraussetzungen klären

Bevor sich Ernährungs- und Gesundheitsberater für den Einstieg ins Web 2.0 und in soziale Netzwerke entscheiden, sollten sie sich über einige grundlegende Voraussetzungen für das Gelingen im Klaren sein. „Man muss sich wohlfühlen in dieser Welt“, meint Susanne Hagedorn. „Es macht keinen Sinn, sich bei Facebook anzumelden und den Account dann liegen zu lassen, weil man keinen Spaß am Schreiben und Kommunizieren hat.“ Sowohl Susanne Hagedorn als auch Christof Meinhold schätzen die Zeit, die sie täglich in Social Media investieren, auf gut eine halbe Stunde. In der Aufbauphase, so konstatieren sie, braucht man über Wochen wesentlich mehr. Eine Gewissheit, dass die investierte Zeit den erhofften Nutzen bringt, gibt es dabei nicht. Zudem sind Facebook & Co. keine Selbstläufer, betont Meinhold. Er bewirbt seine Accounts und Aktivitäten auf den verschiedensten Wegen – zum Beispiel durch Hinweise und QR-Codes auf Visitenkarten, Briefpapier und Terminvereinbarungen und in jeder E-Mail in der Signatur: „Auch während der Beratungen weise ich ganz nebenbei darauf hin. Social Media braucht diese Rundum-Unterstützung, um tatsächlich zum Erfolg zu führen.“

Wer diese Spielregeln kennt, dem verspricht das Engagement in sozialen Netzwerken bei geringem finanziellem Aufwand beachtlichen Nutzen. Susanne Hagedorn resümiert zufrieden: „Ich kann nur sagen: Alleine die Kontakte, die ich dadurch bekommen habe, sind schon das investierte Geld und all den persönlichen und zeitlichen Aufwand wert.“

Quelle: Mühleib F. UGB-Forum 6/13, S. 269-272
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