Durst: Rechtzeitig nachtanken
Ohne feste Nahrung kommen wir mehrere Wochen aus. Doch schon nach zwei bis vier Tagen macht unser Körper schlapp, wenn er auf Flüssigkeit verzichten muss. Ausreichend Trinken ist daher unverzichtbar. Vor allem Kinder und Senioren sollte man regelmäßig zum Trinken motivieren.
© Informationszentrale Deutsches Mineralwasser (IDM)Gut 50-60 Prozent des Normalgewichtes eines Erwachsenen gehen auf das Konto des im Körper vorhandenen Wassers, bei Säuglingen sind es sogar bis zu 75 Prozent. Das kostbare Nass ist nicht nur Bestandteil sämtlicher Zellen und Körperflüssigkeiten. Es versorgt alle Organe mit Nährstoffen und Sauerstoff, transportiert Stoffwechselendprodukte zu den Ausscheidungsorganen, ist ein wichtiger Reaktionspartner bei biochemischen Prozessen und sorgt durch Schwitzen für eine konstante Körpertemperatur. Da der Körper über keine Wasserreserven verfügt, ist er auf Nachschub an Flüssigkeit angewiesen.
Trinken bevor der Durst kommt
Der Flüssigkeitsbedarf eines gesunden Menschen ergibt sich aus den Wasserverlusten über Nieren, Darm, Haut und Lungen. Bei den Klimabedingungen in Mitteleuropa, dem Energieumsatz eines Leichtarbeiters und bedarfsgerechter Energiezufuhr summiert sich das für Erwachsene auf einen Wasserverlust von etwa 2300 Milliliter pro Tag. Bei Hitze, schwerer körperlicher Tätigkeit oder Leistungssport kann dieser erheblich höher sein (siehe Tabelle). Auch Fieber, Erbrechen, Durchfall, Aufenthalt in trockener, kalter Luft sowie salz- und proteinreiches Essen erhöhen den Bedarf an Flüssigkeit.
Trinken sollte man nicht erst, wenn ein Durstgefühl auftritt. Denn das stellt sich erst bei einem Flüssigkeitsdefizit ein. Charakteristisches Zeichen ist ein Trockenheitsgefühl in Mund- und Rachenraum durch eine verminderte Sekretion von Speichel. Denn fehlt dem Körper Wasser, reagiert er sofort, indem er auf Sparflamme schaltet und Flüssigkeit zurückhält. Werden Verluste nicht ausgeglichen, besteht die Gefahr einer Dehydrierung. Schon bei 0,5 Prozent Wasserverlust – bezogen auf das Körpergewicht – stellen sich erste Symptome wie Durst oder trockene Haut ein. Durst ist somit ein Warnsignal, dass dem Körper Flüssigkeit fehlt.
Wasserverlust führt zu einem Anstieg der Konzentration an gelösten Stoffen im Blut und damit des osmotischen Drucks. Das nehmen sensible Dehnungsrezeptoren in den Venen sowie Osmorezeptoren im Durstzentrum des Hypothalamus wahr. Der Organismus reagiert mit der Freisetzung von Vasopressin (Adiuretin) aus dem Hypophysenhinterlappen. Dieses Hormon erhöht die Wasserrückresorption der Niere und wird deshalb als antidiuretisch bezeichnet. Gleichzeitig kommt es zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Dieser Regelkreis aus Hormonen und Enzymen sorgt unter anderem für eine verminderte Durchblutung der Nieren, wodurch die zu filternde Flüssigkeitsmenge abnimmt; die Wasserausscheidung wird gehemmt. Der Urin ist stark konzentriert und dunkel – ein wichtiges Alarmzeichen, dass dringend Flüssigkeit aufgenommen werden muss. Zu den Ursachen einer Dehydration zählt nicht nur eine zu geringe Trinkmenge, sondern auch eine erhöhte Wasserausscheidung. Beispiele hierfür sind starkes oder langanhaltendes Schwitzen, harntreibende Medikamente, Erbrechen, Durchfall und andere Erkrankungen.
Auch Essen liefert Flüssigkeit
Den Flüssigkeitsbedarf muss ein gesunder Mensch nur zur Hälfte über Getränke decken. Die andere Hälfte der Flüssigkeit bekommt er aus fester Nahrung sowie Oxidationswasser, welches bei der Verstoffwechselung von Nährstoffen entsteht. Die Richtwerte für eine empfehlenswerte Trinkmenge pro Tag reichen von 0,82 Liter für Ein- bis Vierjährige über rund 1,5 Liter bei Jugendlichen und Erwachsenen. Um die Empfehlung in der Praxis leichter umzusetzen, hilft die Faustregel, täglich sechs Gläser Wasser über den Tag verteilt zu trinken – unabhängig vom Durstgefühl. Kindergarten- und Grundschulkinder nehmen dabei kleine Trinkgefäße mit 150 Milliliter, Jugendliche und Erwachsene wählen Gläser mit einem Volumen von 200 bis 250 Milliliter.
Der Wasserbedarf bei Kindern liegt bezogen auf das Körpergewicht höher als bei Erwachsenen. Das Forschungsinstitut für Kinderernährung hat jedoch ermittelt, dass besonders Kleinkinder nur etwa 60 Prozent der empfohlenen Trinkmenge zu sich nehmen. Gleichzeitig nimmt der Anteil gezuckerter Getränke im Laufe der Jahre zu. Energieliefernde Getränke wie gesüßte Tees, Limonaden, Fruchtsaftgetränke und Säfte tragen jedoch zur Entstehung von Übergewicht und Karies bei. Säuren in Getränken unterstützen den kariösen Effekt und schädigen zusätzlich den Zahnschmelz. Vor allem das Dauernuckeln von süßen und säurehaltigen Getränken und die nächtliche Saugerflasche gefährden die Zähne. Daher ist es wichtig, dass Kinder schon ab dem Alter von neun Monaten das Trinken aus einem Becher lernen. Mit Einführung der Beikost sollten Eltern ihren Kindern zu jeder Mahlzeit ein energiefreies oder -armes Getränk anbieten. Empfehlenswert sind Leitungs- und Mineralwasser, ungesüßte Früchte- und Kräutertees oder stark verdünnte Schorlen. Milch ist aufgrund ihres Energiegehalts nicht zum Durstlöschen geeignet und zählt zu den Lebensmitteln. Auch zwischen den Mahlzeiten, in Schule und Freizeit sollten Kinder immer Gelegenheit zum Trinken erhalten.
Im Alter immer weniger Durst
Senioren sind besonders gefährdet auszutrocknen, da mit zunehmenden Lebensjahren das Durstempfinden nachlässt. Zusätzlich verlieren die Nieren die Fähigkeit, Wasser im Körper zurückzuhalten. Auch bestimmte Medikamente können harntreibend wirken. Pflegebedürftige Senioren benötigen zudem Hilfe beim Holen und Einschenken der Getränke oder beim Trinken selbst, sodass sie häufig ganz auf das Trinken verzichten. Schluckbeschwerden, die Angst vor Toilettengängen oder vor Inkontinenz halten zusätzlich davon ab, zur Wasserflasche zu greifen. Experten gehen davon aus, dass Müdigkeit, Schwäche und Verwirrtheit bei Betagten zum großen Teil Folgen einer Dehydratation sind. Senioren selbst, aber auch Angehörige und Pflegekräfte sollten deshalb auf eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung achten.
Leistungssportler schwitzen viel raus
Über den Schweiß gehen je nach Intensität der Belastung Wasser und darin gelöste Salze (Elektrolyte) verloren. Wichtig ist, schon vor Beginn des Sports bestehende Flüssigkeitsdefizite auszugleichen. Breitensportlern, die weniger als eine Stunde am Stück trainieren, verlieren nicht besonders viel Schweiß. Trinken während des Sports ist für sie nicht unbedingt notwendig. Leistungssportler, die intensiv und lang andauernd aktiv sind, können jedoch bis zu 1,5 Liter pro Stunde ausschwitzen. Diese Flüssigkeits- und Elektrolytverluste müssen schon während der sportlichen Aktivität ersetzt werden, um die Muskelzellen weiterhin mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Dabei gilt: Schon zwei bis drei Stunden vor dem Training, Spiel oder Wettkampf reichlich trinken (300-700 ml) und eine kleinere Menge 30 Minuten vorher. Während des Trainings sollten Leistungssportler alle 15 bis 20 Minuten kleine Mengen von ca. 150 ml zu sich nehmen (Nibbling) und nach dem Sport zur Regeneration sofort reichlich trinken.
Besondere Durstlöscher sind im Freizeitsport nicht nötig. Ausreichend und preiswert sind Leitungswasser und kohlensäurearme Mineralwässer. Eine empfehlenswerte Sport-Schorle besteht aus einem natrium- und magnesiumhaltigem Mineralwasser (Na > 200 mg/l; Mg > 50 mg/l) gemischt mit Fruchtsaft wie Apfel- oder Traubensaft. Vor dem Sport ist ein Verhältnis von 1:3 günstig, während der Belastung 1:5, danach 1:1.
Trinken zum Abnehmen?
Mehrere Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine hohe Flüssigkeitsaufnahme das Abnehmen unterstützt. So auch eine aktuelle Studie aus England mit 84 übergewichtigen Teilnehmern. Eingeteilt in zwei Gruppen, die alle eine Ernährungsberatung erhielten, sollte die Wassergruppe vor jeder Hauptmahlzeit 0,5 Liter stilles Wasser trinken. Süße Getränke und kohlensäurehaltiges Wasser waren tabu. Nach zwölf Wochen hatte die Wassergruppe im Schnitt 1,3 Kilo Gewicht verloren, die Kontrollgruppe 0,8 Kilo; bei denjenigen, die sich strikt an die Vorgaben hielten, waren es sogar 4,3 Kilogramm. Der Durchschnittswert zeigt aber, dass es viele nicht schafften, eine solche Menge Wasser vor den Mahlzeiten zu trinken.
Coffeinhaltige und alkoholische Getränke verstärken die Flüssigkeitsabgabe über die Nieren. Auch eiskalte oder stark kohlensäurehaltige Drinks werden während des Sports schlecht vertragen, da sie den Magen zu sehr belasten. Limonaden, unverdünnte Säfte sowie viele der speziellen Sportgetränke und Energy Drinks enthalten zu viel Zucker und eignen sich nicht als Flüssigkeitsersatz. In Letzteren stecken zudem Coffein, überflüssige Vitamine und fragwürdige Inhaltsstoffe, die beleben sollen. Manche verspüren zwar einen kurzfristigen Leistungsschub, die Wirkung lässt jedoch bald nach und endet meist in einem Tief.
Zu viel trinken – ist das möglich?
Immer wieder kursieren Meldungen, dass Menschen an zu viel Flüssigkeit erkrankt oder gestorben seien. Untersuchungen an Probanden haben jedoch gezeigt, dass die Konzentrationen von Natrium, Chlorid und Glucose im Blut durch Trinkmengen bis zu zehn Liter pro Tag nicht verändert werden. Die D-A-CH Referenzwerte der Ernährungsgesellschaften geben deshalb als maximale, längerfristig zu tolerierende Menge für gesunde Erwachsene ca. 10 Liter pro Tag an. Höhere Mengen an Flüssigkeit, die zudem wenig Natrium enthalten, verdünnen die Natriummenge im Blut zu stark und es besteht die Gefahr einer Hyponatriämie. Die Folgen sind Kopfschmerz, Übelkeit und Zittern bis zum Hirnödem.
Eine flüssigkeitsreduzierte Ernährung ist unter Umständen bei Patienten mit Herzerkrankungen, Nierenschwäche oder Leberzirrhose notwendig, um eine Überlastung der Organe zu vermeiden. Hier sollte die richtige Trinkmenge mit dem Arzt besprochen werden.
Quelle: Ebbers B. UGBforum 3/16, S. 114-116