Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit
Wer schwanger und plötzlich für ein kleines Wesen mit verantwortlich ist, macht sich meist auch Gedanken um seine Ernährung. Zu Recht, denn über die Nabelschnur ernährt die Schwangere das Ungeborene aus ihrem Blut mit. Das heißt allerdings nicht, dass Sie als Schwangere plötzlich die doppelte Menge essen müssen.
Ernährung in der Schwangerschaft: Essen für zwei?
Im Schnitt beträgt der Mehrbedarf an Energie in der Schwangerschaft nur etwa 150-250 Kilokalorien pro Tag, das entspricht etwa einer Scheibe Brot mit Käse. Durch den veränderten Stoffwechsel und die Hormonlage in der Schwangerschaft steigt das Körpergewicht meist automatisch. Die werdende Mutter hat mehr Appetit und wird später statt. Wieviel eine Schwangere zunimmt, ist sehr unterschiedlich. Zwischen 9 und 18 Kilogramm gelten als normal.
In der Schwangerschaft benötigt Ihr Körper vor allem mehr Vitamine und Mineralstoffe. Versuchen Sie daher möglichst gesund und ausgewogen zu essen. Konkret heißt das: Täglich Obst und Gemüse, Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Naturreis, Kartoffeln, Milch und Milchprodukte, Hülsenfrüchte wie Linsen und Erbsen. Auch Nüsse, Sesam, Kürbis- und Sonnenblumenkerne sind gute Nährstoffquellen. So sind Sie in der Regel ausreichend mit B-Vitaminen, Calcium, Zink und Magnesium versorgt. Oliven-, Raps- und Leinöl sowie 1-2 Fischmahlzeiten pro Woche tragen zudem zu einer ausreichenden Aufnahme an einfach ungesättigten und Omega-3-Fettsäuren bei. Durch eine hormonell bedingte erhöhte Aufnahmerate für einige Nährstoffe wie Eisen und Calcium sorgt der Organismus zusätzlich dafür, dass die Schwangere nicht so schnell in eine Mangelsituation kommt. Fettreiche Lebensmittel wie Frittiertes, Knabberwaren, Wurst und manche Süßigkeiten sollten Sie, wenn überhaupt, nur selten essen.
Durchschnittliche Gewichtszunahme während einer Schwangerschaft | |
Gesamtkörpergewicht | 12.000 g |
Fetus | 3.300 g |
Plazenta | 659 g |
Fruchtwasser | 800 g |
Gebärmutter | 900 g |
Brüste | 400 g |
Blut | 1.200 g |
Als kritische Nährstoffe in der Schwangerschaft gelten das Vitamin Folsäure und die Mineralstoffe Eisen und Jod. Ein Mangel an Folsäure steht im Verdacht, Fehlgeburten und schwere Störungen am Kind auszulösen. Da die Schäden bereits im ersten Schwangerschaftsmonat auftreten, also zu einer Zeit, in der man von der Schwangerschaft meist noch gar nichts weiß, empfehlen viele Ärzte, bereits bei Kinderwunsch regelmäßig Folsäurepräparate einzunehmen. Eine zusätzliche Eisenaufnahme sollte dagegen erst dann erfolgen, wenn Ihr Hämoglobinspiegel im Blut deutlich fällt. Der Hb-Wert wird regelmäßig bei den Vorsorgeuntersuchungen ermittelt. Ein gewisser Rückgang der Werte in der Schwangerschaft ist normal und schützt die Mutter möglicherweise vor Infektionen. Neben Fleisch sind vor allem Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte gute pflanzliche Eisenlieferanten. Vitamin-C-haltige Lebensmittel und Getränke wie Obst, Paprika, Kohl oder Orangensaft zu den Mahlzeiten verbessern zusätzlich die Eisenaufnahme. Zu einer ausreichenden Jodversorgung trägt neben Hochseefisch wie Seelachs, Heilbutt oder Kabeljau auch Jodsalz bei. Verwenden Sie daher jodiertes Salz zum Würzen, und bevorzugen Sie Brot, Wurst und Käse, die mit Jodsalz hergestellt wurden.
Vorsichtig mit Genussmitteln in Schwangerschaft und Stillzeit
Alkoholische Getränke sind in der Schwangerschaft tabu. Alkohol kann schwere Schäden beim Kind verursachen oder Fehlgeburten auslösen. Da die kritische Menge individuell unterschiedlich zu sein scheint, verzichten Sie besser ganz auf Alkohol. Auch Coffein in größeren Mengen kann die Entwicklung und das Geburtsgewicht des Kindes beeinträchtigen. Für coffeinhaltige Getränke wie Kaffee und schwarzer oder grüner Tee gilt als Obergrenze etwa 3 Tassen pro Tag. Das Rauchen sollten Sie in der Schwangerschaft möglichst ganz aufgeben. Auch Ihre Umgebung sollte in der Schwangerschaft rauchfrei sein.
Um sich und das Ungeborene vor Infektionskrankheiten zu schützen, sollten Sie während der Schwangerschaft rohes Fleisch und rohe Wurst wie Tartar, kurz gebratene Steaks, Salami, Mettwurst, Teewurst sowie Rohmilchkäse meiden. In nicht ausreichend gegartem Fleisch können sich Toxoplasmose-Erreger verbergen, die der werdenden Mutter zwar meist wenig anhaben, aber beim ungeborenen Kind zu schweren Schäden führen. Auch frischer Katzenkot und damit verunreinigte Erde oder Lebensmittel gelten als Ansteckungsquellen. Hatte die Schwangere bereits vor der Schwangerschaft eine Toxoplasmose-Infektion, was durch einen Antikörpertest überprüft werden kann, besteht für das Kind keine Gefahr.
Unerhitzte Rohmilch, die Rinde von Weichkäse sowie unzureichend gereinigter Salat bergen das Risiko, Listeriose-Erreger zu enthalten. Über die Plazenta kann sich das Ungeborene mit den Bakterien infizieren und möglicherweise schwere Schäden erleiden.
Was tun bei Schwangerschaftsübelkeit, Sodbrennen und Verstopfung?
Zu Beginn der Schwangerschaft leiden viele Frauen an Übelkeit und Erbrechen. Sie werden durch die veränderte Hormonsituation ausgelöst und bessern sich meist nach 3-4 Schwangerschaftsmonaten. Leider gibt es kein wirklich gutes Rezept gegen diese Beschwerden. Mancher Schwangeren hilft es, wenn sie morgens vor dem Aufstehen etwas Kohlenhydrathaltiges isst, z. B. einen Keks oder einen Müsliriegel. Anderen bekommen mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt oder saurer Obstsaft gut.
Etwa die Hälfte aller Schwangeren haben zudem Probleme mit Sodbrennen oder Aufstoßen. Möglicherweise lassen sich die Beschwerden durch den Verzehr von Nüssen, Haferflocken oder Banane lindern. Auch das Kauen von Heilerde hilft einigen Frauen. Günstig ist es zudem, wenn Sie sich nach einer Mahlzeit nicht direkt hinlegen, sondern zunächst aufrecht bleiben.
Da durch die Schwangerschaftshormone die Muskeltätigkeit von Magen und Darm herabgesetzt ist, leiden viele Schwangere an Verstopfung. Sie wird meist durch die Einnahme von Eisenpräparaten noch verstärkt. Neben einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme, besonders von abführenden Kräutertees, helfen ballaststoffreiche Lebensmittel wie rohes Obst und Gemüse, Müsli und Vollkornbrot. Auch ein Esslöffel geschroteter und eingeweichter Leinsamen zum Frühstück kann Erleichterung bringen.
Durch den Anstieg der Östrogenkonzentration kommt es bei vielen Schwangeren zu Wasseransammlungen im Gewebe, so genannten Ödemen. Während früher eine salzarme Kost sowie Obst- oder Reistage empfohlen wurden, hält man diese Maßnahmen heute nicht mehr für sinnvoll. Problematisch sind Ödeme vor allem dann, wenn sie sehr plötzlich auftreten und mit weiteren Symptomen wie Protein im Urin und Bluthochdruck verbunden sind. Dann besteht die Gefahr einer Schwangerschaftsgestose, die ärztlich betreut werden muss.
Ernährung der stillenden Mutter: Mehr Kalorien in der Stillzeit?
Für die Stillzeit gelten letztendlich die gleichen Ernährungsempfehlungen wie in der Schwangerschaft: Reichlich Kohlenhydrate in Form von Obst, Gemüse und Vollkornprodukten, Milchprodukte sowie pflanzliche Öle decken den Bedarf an den meisten Nährstoffen. Wer sich ausgewogen ernährt, muss keine extra Präparate einnehmen. Allerdings wird für die Produktion von Muttermilch zusätzlich Energie benötigt. Hat der Säugling nach einigen Wochen seine volle Trinkmenge von etwa 800 Milliliter pro Tag erreicht, muss die Mutter täglich ca. 650 Kilokalorien mehr essen. Diese Mehraufnahme wird in der Regel durch den größeren Appetit der Mutter automatisch gesteuert. Wird der Säugling 4-6 Monate voll gestillt, sinkt das Gewicht der Mutter meist wieder auf den Wert vor der Schwangerschaft. Die Stillzeit sollte allerdings nicht als Abmagerungskur genutzt werden. Denn sonst können Schadstoffe aus dem Fettgewebe der Mutter freigesetzt werden und in die Muttermilch gelangen. Bei extrem niedriger Energiezufuhr kann zudem die Milchproduktion abnehmen.
Alkohol, Nikotin und Coffein gehen in die Muttermilch über und sollten daher gemieden werden.
Weiterführende kostengünstige Literatur bekommen Sie bei Ihrer Krankenkasse. Auch Ihr Arzt oder Ihre Hebamme können Sie bei Fragen oder Problemen beraten. In der Stillzeit bieten so genannte Stillgruppen wertvolle Unterstützung. Adressen und Informationen erhalten Sie bei:
Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS) e.V.
Gertraudgasse 4R, D-97070 Würzburg
La Leche Liga - Deutschland e.V.
Gesellenweg 13, D-32427 Minden, Tel.: 0571/48946, Fax 0571/4049489, www.lalecheliga.de
Weitere Informationen finden Sie hier:
Gesunde Basis von Anfang an
Ernährung – individuell betrachtet
Stand 2001