Autophagie: Können sich durch Fasten Körperzellen selbst reinigen?
Autophagie ist eine Art Recycling-Anlage der menschlichen Zelle. Bei dem Prozess baut der Körper nicht benötigte und krankhafte Zellbestandteile ab und verwertet sie anderweitig.
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Autophagie lässt sich mit Selbstverdauung übersetzen. Sie bezeichnet einen Vorgang in lebenden Zellen, bei dem Zellbestandteile abgebaut und verwertet werden. Der komplex regulierte Ablauf wird von mindestens 35 Genen gesteuert. Seit vielen Jahrzehnten wird die Autophagie unter anderem von dem japanischen Molekularbiologen Yoshinori Ohsumi erforscht. Im Oktober 2016 erhielt er für seine Arbeit den Nobelpreis für Medizin.
Die Autophagie läuft folgendermaßen ab: Zuerst legt die Zelle eine spezielle Hülle um die Bestandteile, die abgebaut werden sollen. Die Hülle schließt sich zum Autophagosom. Dieser verschmilzt dann mit Lysosomen, das sind kleine Bläschen voller Enzyme. Die Enzyme haben die Fähigkeit, die in der Hülle eingeschlossenen Bestandteile aufzuspalten und zu zerlegen. Es entstehen beispielsweise Aminosäuren und Lipide, die neu verbaut oder zur Energiegewinnung genutzt werden können. Andere Abbauprodukte identifiziert der Körper als Abfall; sie werden abtransportiert und ausgeschieden.
Eine Autophagie wird besonders dann in Gang gesetzt, wenn der Nachschub an Nährstoffen stockt. Eine Situation, die beispielsweise beim Fasten oder intensivem Sport entsteht. In dieser Situation des Mangels greift die Zelle auf eigene Ressourcen zurück. Sie baut ab, was nicht benötigt wird und gewinnt so neue Nährstoffe und Energie. Für die Selbstverdauung zerlegt der Körper abgestorbene Zellbestandteile, fehlstrukturierte Proteine bis hin zu ganzen Zellorganellen, zum Beispiel ältere Mitochondrien. Auch krankhafte oder potenziell krankmachende Strukturen sowie eingedrungene Bakterien und Viren werden so entsorgt. Daher wird die Autophagie häufig als Prozess der Selbstreinigung und Selbsterhaltung beschrieben. Sie hat sich im Laufe der Evolution entwickelt, um defekte Strukturen zu beseitigen und gleichzeitig Energie und Nährstoffe zu sparen. Ist die Autophagie gestört und es kommt nicht zur Zellreinigung, scheint dies Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Alzheimer und Parkinson zu begünstigen.
Im Gegensatz zur üblichen Erneuerung von Körperzellen und Organen läuft die Autophagie wesentlich schneller und flexibler ab. Sie kann praktisch tagtäglich für Zellerneuerung sorgen, während eine echte Neubildung von Zellen Tage bis Jahre dauern kann.
Auch bei der Bekämpfung von Infektionen und Stress spielt die Autophagie eine Rolle, ebenso in der Embryonalentwicklung, um benötigte Bausteine schnell parat zu haben. Da die Autophagie bevorzugt bei zeitweiligem Energiedefizit abläuft, kann sie durch Fasten aktiviert werden. Dies ist ein weiterer Erklärungsansatz für die positiven gesundheitlichen Effekte, die durch regelmäßiges Fasten hervorgerufen werden.
Literatur:
Richter-Landsberg C (2012). Autophagie als Überlebensstrategie. Zelluläre Selbstverdauung. Biologie unserer Zeit 42/6, 374–379
The Nobel Assembly at Karolinska Institutet (Hrsg) (2016). www.nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/2016/press.html
Wilhelm K (2014). Fasten für ein langes Leben, Bild der Wissenschaft online 3/26, www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php/function.include?object_id=33596335
Quelle: UGBforum 2/17, S. 96
Stand: 2017