Zukunft Gesundheitsförderung:
Konzepte für gesunde Kinder
Übergewicht, Bewegungsmangel und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen nehmen zu. Trotz dieser Alarmsignale gibt es für die Gesundheit der Heranwachsenden keine Lobby. Der UGB setzt sich deshalb verstärkt für die Gesundheitsförderung in Kindergärten und an Grundschulen ein.
Rund ein Drittel der Sechs- bis Achtjährigen glaubt, dass Milchschnitte, Hamburger und Cola gesunde Lebensmittel seien. Noch schlechter als um das Wissen ist es aber um die Gesundheit unserer Kinder bestellt. Nach einem Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind bei vielen Kindern die motorische Entwicklung und die Koordination gestört. Viele zeigen Defizite beim Sprechen, Hören und Sehen. Weiter zählen die Experten Übergewicht und ungünstiges Ernährungsverhalten, Unfälle, Konzentrationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten und Aggressivität zu den unerwünschten Entwicklungen.
Für die Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen scheint es nur wenig Unterstützung zu geben.
Am ehesten interessieren sich noch die Eltern für die Gesundheit des eigenen Nachwuchses und manche Stiftungen fördern Kindergesundheit. Das so genannte Gesundheitswesen in Deutschland ist allerdings ein Krankheits-Behandlungssystem. Das heißt, Geld wird mit Krankheit verdient, nicht durch den Erhalt der Gesundheit. Entsprechend sind die gesellschaftlichen Strukturen ausgerichtet.Gesundheitsförderung im Kindesalter am effektivsten
Das ideale Alter zum Erlernen von gesundheitlichem Verhalten liegt zwischen fünf und zehn Jahren. In diesem Lebensabschnitt erwirbt der Mensch seine prägenden Lebensgewohnheiten. Mit fortschreitendem Alter fällt es immer schwerer, Neues zu lernen und Gewohntes zu verändern.
Obwohl Kinder sehr gut für gesundheitsförderliches Verhalten erreichbar sind, ergreift kaum jemand ernstlich die Initiative. Die Lehrpläne der Grundschulen schreiben zwar Gesundheit als Lernziel vor. Für die Lehrer gibt es aber derzeit keine ausreichenden Anreize, dieses anzugehen. Erzieher und Lehrer sehen es nicht unbedingt als eine ihrer Hauptaufgaben an, sich um die gesunde Ernährung ihrer Schützlinge zu kümmern. Häufig argumentieren sie: "Dafür sind wir nicht ausgebildet." "Hierfür sind die Eltern zuständig." Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Pädagogen und Eltern haben gezeigt, dass sich die Mitarbeit von Eltern äußerst motivierend auf das Engagement der Erzieher und Lehrer auswirken kann. Diese fühlen sich unterstützt und in ihrem Bemühen anerkannt. Eltern wiederum ermutigt die Zusammenarbeit mit den Pädagogen. Sie bauen Hemmungen und Blockaden ab, wenn sie an Projekten mitwirken. Viele Eltern wünschen sich eine solche Mitarbeit, um ihren Teil zur Gesundheitserziehung in Kindergarten und Schule beitragen zu können.
Bewegungsförderung im Kindergarten: Neue Ansätze sind erforderlich
Zur Zeit existieren nur wenig Strategien, um die Situation grundlegend zu verändern. Gute und evaluierte Kursprogramme fehlen oder werden nicht angenommen, weil sie die Zielgruppen verfehlen. Bisher wurden überwiegend Einzelaktionen zur Gesundheitsförderung in Kindergärten und Grundschulen durchgeführt. Eine umfassende, langfristige Strategie für Kindergärten und Schulen ist aber nicht von einer Institution allein zu bewältigen. Was fehlt, sind Kooperationen verschiedener Institutionen mit langfristigen Konzepten, die auf 10 bis 20 Jahre angelegt sind. Denn nur durch den Austausch und das Vernetzen der einzelnen Beteiligten lassen sich die Stärken der jeweiligen Einrichtungen bündeln.
Nötig ist ein so genannter "Setting"-Ansatz für gesunde Kindergärten und Schulen. Hierunter ist eine strukturbildende Strategie zu verstehen, die das Schulleben als Ganzes in das Konzept mit einbezieht. Ähnliche Ansätze gibt es z. B. in Betrieben, Krankenhäusern oder gar Städten und Kreisen, die Gesundheit zu ihrem Thema machen. Dabei sollten Eltern, Lehrer und Kinder mit einbezogen und die strukturellen Bedingungen selbst zu gesundheitsfördernden Bausteinen geformt werden. Räume und Zeit-Räume müssen gestaltet und eine offene Lern- und Kommunikationsstruktur nach innen und außen geschaffen werden. Die Maßnahmen sollen die aktive Aufmerksamkeit aller Beteiligten für Körper und Bewegung wecken und neue Möglichkeiten für den Umgang mit Kritik und Krisen aufzeigen.
Diese Forderungen sind leicht formuliert, aber derzeit noch schwer umsetzbar. Denn zwischen den Institutionen machen noch Berührungsängste, Arroganz und Egoismus produktive Kooperationen schwierig, manchmal sogar unmöglich. Wenn wir die Krankheiten und Probleme im Kindesalter ernst nehmen und sie als Gesellschaft wirklich lösen wollen, dann sollten alle Fachinstitutionen in der Lage sein, über den eigenen Schatten zu springen, um sich der großen Herausforderung zu stellen.
Beitrag des UGB zur Gesundheitsförderung für Kinder
Der UGB hat sich satzungsgemäß zur Aufgabe gemacht, nach den natürlichen und sozialen Grundlagen einer gesundheitsförderlichen Lebensweise zu forschen. Ziel ist es, diese Erkenntnisse allen Bevölkerungsschichten zu vermitteln. Auch für Kinder und Jugendliche hat der UGB bereits einiges getan. Erinnert sei hier beispielsweise an die Erlebniswelt "Freude am Gesundsein" der UGB-Präsidentin Gisela Fritzen oder die beiden UGB-Tagungen zum Thema Schule und Gesundheitsförderung. In Zukunft wird sich der Verein als neutrale Institution stärker an Lösungsansätzen zur Gesundheitsförderung von Kindern beteiligen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird der UGB an Kooperationen mitarbeiten, die neutral und zielführend sind. Unter anderem wird der Verband praxisbezogene Veranstaltungen für Kinder, Eltern, Erzieher und Lehrer anbieten.
Damit diese Ideen konkret werden, brauchen wir Ihre Mitarbeit. Wir laden daher alle erfahrenen Praktiker ein, sich an der Diskussion um eine umfassende und effektive Gesundheitsförderung an Grundschulen und in Kindergärten zu beteiligen.
Quelle: Männle, T.: UGB-Forum 5/01, S. 233-235