Speiseöle: Schädliche Stoffe vermeiden
Pflanzliche Öle und Fette gelten im Vergleich zu tierischen als gesünder. Dabei können insbesondere stark verarbeitete Pflanzenöle und damit hergestellte Produkte gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. Im Fokus stehen aktuell vor allem bestimmte Esterverbindungen, Transfettsäuren und Mineralöle.
© Ramzi Hachicho, dvarg/123RF.com
Eine seit einigen Jahren bekannte Gruppe von Fettschadstoffen sind Esterverbindungen, die bei der chemischen und physikalischen Raffination von Speiseölen entstehen. So sind in vielen Lebensmitteln, für deren Herstellung raffinierte Pflanzenfette benötigt werden, Monochlorpropandiol (3-MCPD) und Glycidol-Fettsäureester enthalten. 3-MCPD kann krankhafte Veränderungen der Nierentubuli auslösen und ist im Tierversuch krebserregend. Für den Menschen stuft das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine tägliche Aufnahme von zwei Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag als tolerierbar ein. Etwa halb so viel nehmen die Deutschen durchschnittlich auf. Glycidol ist für den Menschen sogar als „wahrscheinlich kanzerogen“ eingestuft. Es gibt daher keine Angabe zu einer unbedenklichen Aufnahmemenge. Das heißt, es gilt die Null -Toleranz.
Alle raffinierten Öle und daraus hergestellte Lebensmittel können belastet sein. Dazu zählen etwa gehärtete Fette, Margarine, Brotaufstriche, frittierte Produkte oder Backwaren. Ein besonderes Problem stellt industrielle Säuglingsnahrung dar. 2007 ermittelte das BfR für nicht gestillte Säuglinge erhebliche Überschreitungen des tolerierbaren Höchstwertes (Tolerable Daily Intake, TDI) für 3-MCPD. Trotz großer Bemühungen der Hersteller konnte bislang kein entscheidender Rückgang der Belastungen festgestellt werden. Eltern, deren Säuglinge nicht gestillt werden können, wird nachdrücklich empfohlen, ihre Kinder wie bisher mit den speziell für sie hergestellten Produkten zu versorgen. Zum einen gibt es für die Ernährung von nicht gestillten Säuglingen keine Alternative zu industriell gefertigter Säuglingsmilchnahrung, zum anderen ist es bislang durch die seit Jahren vorliegenden Belastungen bei nicht gestillten Kindern zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen.
Naturbelassene Öle haben die Nase vorn
Immerhin arbeitet die Industrie seit Jahren daran, die Raffination von Speiseölen so zu verändern, dass dabei weniger 3-MCPD- und Glycidol-Fettsäureester entstehen. Konventionelle Speiseölhersteller und Fettforscher sind aber offensichtlich nicht bereit, auf die Raffination zu verzichten. Sie fürchten vermutlich eine geringere Ausbeute und damit eine drastische Preiserhöhung konventioneller Speiseöle und daraus hergestellter Produkte. Bei kaltgepressten, unraffinierten Speiseölen wie sie von der Vollwert-Ernährung immer schon empfohlen werden, kommt die MCPD/Glycidol-Problematik nicht vor.
Transfettsäuren noch immer ein Problem?
Weitaus länger bekannt als die Belastungen mit Fettsäureestern ist die Problematik um Transfettsäuren (TFA, Trans Fatty Acids). Sie können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Denn in hohen Mengen führen Transfettsäuren zu einem ungünstigen Anstieg des LDL-Cholesterinspiegels im Blut und zu einem Absinken des positiven HDL-Spiegels. Zudem erhöhen sie den Triglyzeridspiegel, fördern entzündliche Prozesse und können die Insulinsensitivität verringern. Die in Milch und Fleisch von Wiederkäuern natürlich vorkommenden Transfettsäuren (ruminante TFA) gelten dagegen als neutral oder sogar gesundheitsfördernd.
Gesundheitsschädliche Transfettsäuren entstehen aus ungesättigten Fettsäuren mit mehreren Doppelbindungen. Sie bilden sich bei der industriellen Fetthärtung (Hydrierung), bei der Pflanzenöle in mehr oder weniger feste Fette umgewandelt werden. Solche gehärteten Fette stellt die Industrie zum Beispiel in Form von Margarine und Frittierfetten für die Produktion von Fertigprodukten her oder für den Einsatz im Bäckereihandwerk. Durch eine Veränderung des Hydrierungsverfahrens bei der Margarineherstellung wurde die Belastung mit Transfettsäuren in den letzten Jahren deutlich gesenkt. Sie kommen allerdings immer noch häufig in Brat- und Frittierfetten, Back- und Süßwaren, pikanten Knabberartikeln sowie in Fertigprodukten vor. So wiesen im Großhandel verkaufte Margarineblöcke für Bäckereien erhebliche Gehalte von teilweise über 30 Prozent auf.
In Deutschland keine verbindlichen Höchstwerte
Offizielle Stellen in Deutschland sehen eine gesundheitliche Gefährdung durch Transfettsäuren allerdings nur bei einer Aufnahme von mehr als zwei Prozent der Nahrungsenergiezufuhr. In Deutschland liegt die Aufnahme durchschnittlich unter einem Prozent. Allerdings nimmt etwa jeder zehnte Verbraucher – besonders junge Männer – größere Mengen an Transfettsäuren zu sich, meist über Backwaren und Fertigprodukte.
Aufgrund der weiten Verbreitung von Transfettsäuren sind in den vergangenen Jahren in einigen europäischen Ländern gesetzliche Höchstwerte in Kraft getreten. In der Europäischen Union gelten lediglich Grenzwerte für Transfettsäuren in Fetten und Ölen für Säuglingsnahrung (max. 4 %) und Olivenöl (max. 0,5 %). Die Schweiz hat für Speiseöle und -fette einen Höchstwert von zwei Gramm pro 100 Gramm festgelegt. In Österreich sind seit 2009 Lebensmittel verboten, die mehr als zwei Prozent künstlicher Transfettsäuren im Gesamtfett enthalten. Bei zusammengesetzten Lebensmitteln mit einem Fettgehalt von weniger als 20 Prozent sind bis zu vier Prozent erlaubt. Obwohl der Grenzwert auch für importierte Ware gilt, werden hier die Belastungen teilweise noch überschritten. In Deutschland existiert lediglich eine Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der deutschen Lebensmittelwirtschaft mit dem Ziel, die Aufnahme von Transfettsäuren zu reduzieren. Eine gesetzliche Regelung ist allerdings nicht in Sicht.
Mineralölrückstände in Pflanzenölen
Rückstände von Mineralölen in Lebensmitteln sind erst in den letzten Jahren in den Fokus gerückt. Einzelne Untersuchungen von Stiftung Warentest, Öko-Test oder Foodwatch deckten Belastungen in verschiedenen Lebensmitteln auf. Betroffen waren neben Olivenöl auch Schokolade, Kaffee, Reis oder andere lange gelagerte Trockenprodukte und zuletzt vegane Brotaufstriche. Bislang führen erst drei Bundesländer in Deutschland amtliche Untersuchungen auf Mineralölrückstände durch. Diese stammen meistens aus Umverpackungen und Kartonagen aus Altpapier. Auch über mit Mineralölfarben bedruckte Kartons aus Frischfasern können sie durch Ausgasungen in die Lebensmittel gelangen. Darüber hinaus stellten Experten fest, dass mit Öl behandelte Jutesäcke, in denen zum Beispiel Kaffee oder Kakao transportiert wird, für die Belastung verantwortlich sein können. Hinzu kommen in der Produktion von Lebensmitteln verwendete Maschinenöle sowie Abgase aus Industrie und Verkehr. Zudem verwendet die Industrie Mineralöle als Basis für Kosmetika wie Cremes und Duschgels. Doch werden die Mineralöle offenbar nur in geringsten Mengen über die Haut aufgenommen. Von mineralölhaltiger Lippenpflege raten Verbraucherschützer ab und empfehlen Naturkosmetika, die keine Mineralölbestandteile enthalten dürfen.
Aufnahme gänzlich vermeiden
Bei den Mineralölrückständen handelt es sich um verschiedene Gruppen langkettiger Kohlenwasserstoffverbindungen. Die wichtigsten sind MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) und MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons). Die MOAH-Fraktion enthält krebserregende und erbgutverändernde Verbindungen, eventuell auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Ferner ist aus tierexperimentellen Studien bekannt, dass Mineralölgemische im Körper gespeichert werden und zu Schäden in der Leber, den Herzklappen und den Lymphknoten führen können. Die Aufnahme von Mineralölgemischen sollte nach Ansicht des BfR daher gänzlich vermieden werden. Eine abschließende gesundheitliche Bewertung durch die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) steht aber noch aus.
Grenzwerte in der Diskussion
Ein vorläufig festgelegter Grenzwert (TDI) für MOSH von 0,01 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag wurde inzwischen wieder zurückgenommen. Denn die tatsächliche geschätzte Aufnahmemenge liegt um das 3-bis 30-Fache höher. Für MOAH-Verbindungen kann kein TDI-Wert festgelegt werden, da für krebserregende Stoffe keine unschädliche Dosis existiert.
In einem neuen Gesetzentwurf vom Frühjahr 2017 schreibt das BMEL Maßnahmen zur Vermeidung von Verunreinigungen mit Mineralölen in Lebensmitteln vor. Darin wird eine „Barriereschicht“ gefordert, die einen Übergang der Mineralölrückstände aus Altpapierverpackungen auf darin verpackte Lebensmittel wirksam verhindert. Das können beschichtete Innenbeutel aus Kunststoff und Alufolie sein oder speziell verdichtete Papiere und beschichtete Kartons. Auf diese Barrieren kann der Hersteller nur verzichten, wenn er sicherstellt, dass die Verpackung einen so geringen Gehalt an aromatischen Mineralölen enthält, dass ein Übergang auf das Lebensmittel nicht zu erwarten ist.
Ob Esterverbindungen, Transfettsäuren oder Mineralöle: Bei allen diesen Schadstoffen wird klar, dass vor allem die industrielle Verarbeitung oder Verpackung die Ursache der Belastungen sind. Am besten geschützt ist, wer kaltgepresste, native Speiseöle bevorzugt und industriell gefertigte Produkte meidet, die mit raffinierten Ölen und Fetten hergestellt wurden.
Quelle: Martin H.H. UGBforum 4/17, S. 172-174