Man nehme ...
Weizen, Dinkel, Roggen & Co.
Aus der kreativen Vollwertküche ist es nicht mehr wegzudenken. Inzwischen ist Getreide sogar zum "trendigen" Lebensmittel avanciert: Es gibt Power, hält fit und passt zur schnellen Küche genauso wie zu anspruchsvoller Kochkunst.
Mit ganzen Getreidekörnern wie Weizen, Dinkel, Grünkern, Roggen und Gerste verbindet manch einer immer noch zeitaufwändiges Kochen und schwer bekömmliches Essen. Mit dem richtigen Know-how gelingen aus Vollkorn jedoch auch locker duftige Beilagen, pfiffige Getreidepfannen oder herzhafte Eintöpfe und Salate. Praktisch ist es, hartschalige Sorten wie Dinkel, Gerste oder Wildreis schon am Vorabend einzuweichen. Dazu geben Sie das Getreide in etwa die 2,5fache Menge Wasser oder ungesalzene Gemüsebrühe und stellen es am besten gleich im Kochtopf auf die kalte Herdplatte. Am nächsten Morgen lassen Sie während des Frühstücks das Getreide leicht köcheln. Wenn Sie etwa nach 30 Minuten die Platte ausschalten, quellen die Körner mit der Restwärme und sind so bis zum Mittagessen gar und gut bekömmlich. Salzen Sie erst nach dem Garen, sonst bleiben die Körner hart. Als leicht nussige Alternative zu Reis ist auch Hafer sehr lecker. Zusammen mit Grünkern gehören die beiden Getreidesorten zu den so genannten Mittelgarern, die wegen ihrer weicheren Schale auch ohne Einweichen nur etwa 40 Minuten köcheln müssen.
Wenn´s schnell gehen soll
Spontaner geht es mit kleinen Körnern wie Hirse, Buchweizen, Amaranth oder Quinoa. Sie garen in 5-15 Minuten und müssen nur noch ausquellen. Diese Kurzgarer oder auch Getreideschrot wie Polenta (Maisgrieß) und Bulgur (aus Hartweizen) geben Sie am besten in kochende Flüssigkeit. Mit etwas Salz garen sie locker und körnig. Couscous kommt sogar ohne Kochen aus: einfach mit etwas Brühe oder Molke quellen lassen. Zusammen mit klein geschnittenem Gemüse und Schafskäse, abgeschmeckt mit Essig, Kräutersalz, etwas Knoblauch, reichlich Petersilie und Minze wird daraus ein erfrischender, sättigender Salat mit arabischer Note. Die kleinkörnigen Getreidesorten, aber auch grob vermahlenes Schrot eignen sich wunderbar für Gemüsefüllungen, Bratlinge und Aufstrichmassen.
Polenta ist in der herkömmlichen Küche bekannt und beliebt. Sie lässt sich zum Beispiel als einfache Maisgrießschnitte mit Knoblauch, Spinat und Schafkäse zubereiten oder mit getrockneten Tomaten, Oliven und Parmesan in eine mediterrane Köstlichkeit verwandeln. Als Brat- oder Backling zaubert Maisgrieß aus einem üblichen Hamburger eine interessante fleischlose Variante und bietet Abwechslung zum Grünkernbratling. Feine Massen zum Beispiel aus feingeschroteter Gerste oder Grünkern, abgeschmeckt mit reichlich Gemüse und Kräutern oder auch Käse, Nüssen und Samen, überraschen als Füllung in Tortellini, Canneloni und Maultaschen.
Für süße Getreidegenüsse wie Auflauf, Pudding oder Flammeri eignen sich mit ihrer hellen bis gelben Farbe und ihrem milden Geschmack besonders Mais, Reis und Hirse. Sie sind zum Binden von hellen Soßen das Mehl der Wahl. Dazu wird das fein vermahlene Mehl in die kalte Flüssigkeit eingerührt und aufgekocht oder mit wenig kalter Flüssigkeit angerührt und zum kochenden Gericht gegeben. Aromatischer wird es, wenn Sie das Mehl erst trocken ohne Fett im Topf andarren, bis es duftet, und dann mit Kochflüssigkeit aufgießen. Weizen, Dinkel und Hafer passen besonders gut zur süßen Küche, wenn sie mit Nüssen, Mandeln, Zimt oder Kakao kombiniert werden. Das kaschiert zudem die dunklen Kleiepünktchen, an denen sich Vollkorneinsteiger manchmal stoßen.
Backen: knusprig, frisch und locker
Groß raus kommen Weizen und Dinkel, wenn es ums Backen geht. Ihr hoher Gehalt an Klebereiweiß macht Strudelteig elastisch, hält Mürbeteig zusammen, gibt Windbeuteln aus Brandteig die richtige Form und ist bei Hefeteig unersetzlich für ein lockeres Gebäck. Mit Hartweizen, der ebenfalls kleberreich ist, werden Vollkornnudeln schön hell und bleiben beim Kochen "al dente". Waffeln mit einem Teil Hartweizenmehl werden schön knusprig und Kekse besonders mürbe. Damit Hefebrote und -teilchen gut aufgehen und beim Backen stabil bleiben, sollten Weizen oder Dinkel wenigstens 70 Prozent der Mehlmenge ausmachen. Mindestens zehn Minuten Kneten garantiert einen guten Kleberaufbau der für einen lockeren und elastischen Teig sorgt. Dagegen brauchen Mürbe- und Rührteig nur 30 Prozent kleberreiches Getreide. Ganz ohne Weizen und Dinkel kommen Teige aus, wenn Ei und Vollsojamehl die Lockerung bzw. Bindung übernehmen. Dazu zählen Biskuit, Pfannkuchen oder Klößchen und Bratlinge aus Brandteig. Einfache Fladenbrote gelingen mit jedem Getreide.
Um ein schmackhaftes, gut bekömmliches und nährstoffreiches Brot zu backen, ist Sauerteig nicht zu toppen. Lange Gehzeiten und das saure Milieu lassen das Getreide gut quellen. Außerdem bleiben Sauerteigbrote länger frisch. Ideal für solche Brote ist Roggen, bei dem die Schleimstoffe (Pentosane) dank des sauren Milieus für lockeres Aufgehen sorgen. Wer den kräftigen Roggengeschmack nicht mag, kann gut andere Getreide untermischen. Mild schmeckende Sauerteigbrote lassen sich auch aus reinem Dinkel backen. Besonders einfach gelingt ein Sauerteig mit Backferment, weil es das Ansetzen eines Sauerteig-Grundansatzes erspart. Das Granulat, das es als fertige Mischung aus Weizen, Wasser, Honig und Erbsmehl zu kaufen gibt, braucht nur noch aktiviert zu werden. Dazu lassen Sie das Ferment mit fein gemahlenem Mehl und warmen Wasser zweimal etwa je zehn Stunden gehen. Dieser Grundansatz dient dann als Basis für den Sauerteig. In einem verschlossenen Glas können Sie ihn gekühlt mehrere Monate aufbewahren.
Sprossen bringen Abwechslung
Noch vielseitiger wird Getreide, wenn Sie es keimen lassen. Beim Keimen bleiben die Nährstoffe nicht nur erhalten, sondern nehmen teilweise sogar noch zu. Außerdem wird das Getreide besser bekömmlich, weil komplexe Kohlenhydrate zum Teil aufgeschlossen werden. Besonders im Winter reichert das "lebendige Getreide" das eingeschränkte Gemüseangebot mit Vitaminen an. Getreidesprossen lassen sich am besten aus Weizen, Roggen und Dinkel sowie Nackthafer und Nacktgerste ziehen. Sie benötigen dazu keine speziellen Keimgeräte, ganz einfach geht es mit einem Küchensieb und einer Glasschüssel. Waschen Sie die Körner in dem Sieb unter fließendem Wasser und weichen Sie sie in der Schüssel über Nacht ein. Geben Sie die Körner dann zum Spülen mit kaltem Wasser wieder in das Sieb. Nach dem Abtropfen füllen Sie alles wieder zurück in die Schüssel. Das wird zwei- bis dreimal täglich wiederholt. Nach zwei bis drei Tagen können Sie die Keimlinge "ernten". Die frischen Sprossen schmecken jetzt mild und leicht süßlich. Sie können sie roh verzehren, kurzes Blanchieren in kochendem Wasser erhöht jedoch die Haltbarkeit und macht die Keimlinge besonders bei größeren Portionen bekömmlicher. Keimlinge passen zu pikanten Gemüseaufstrichen und Kräuterquark ebenso wie zu Müsli. In Salaten und Pfannengerichten bieten sie eine "leichte" Alternative zu gegarten Körnern. Mit frischen Sprossen haben Sie auch eine schnelle Einlage für Suppen und Eintöpfe parat, die sättigt und optisch aufpeppt.
Auf Vorrat gekocht für die schnelle Küche
Bei Getreide lohnt es sich, größere Mengen auf Vorrat zu kochen. Im Kühlschrank aufbewahrt, bleibt es einige Tage frisch und steht für täglich neue Gerichte zur Verfügung. Da zaubern Sie zum Beispiel aus einem großen Topf Hirse montags goldene Käsetaler, dienstagabends einen Salat oder eine Cremesuppe, mittwochs einen süßen Auflauf mit Äpfeln und Rosinen. Und wenn es reicht, mixen Sie noch einen orientalischen Aufstrich mit Zwiebeln, Koriander und Cumin. Möchten Sie weniger planen, frieren Sie gegarte ganze Getreidekörner portionsweise ein. So haben Sie immer eine schnelle Grundlage für einen Auflauf, Getreideschnitten oder einen Salat bereit. Auch einige Teige lassen sich bevorraten. Zum Einfrieren eignen sich Mürbeteig, roh oder gebacken, vorgebackener Hefeteig, zum Beispiel als Brötchen, Baguette oder Pizzaboden, und gefüllte, frische Nudeln. Wussten Sie, dass Waffelteig, süß oder pikant, bis zu 24 Stunden im Kühlschrank aufbewahrt werden kann? Da können auch Berufstätige im Handumdrehen Leckeres mit Vollkorngetreide auf den Tisch bringen.
Frischkorn: nicht immer, aber immer öfter
Wer an Ballaststoffe aus Vollkorn gewöhnt ist, kann Getreide als unerhitzte Frischkornmahlzeit versuchen. Hierbei bleiben hitzeempfindliche Nährstoffe erhalten und die Ballaststoffe wirken besonders gut. Damit es bekömmlich wird und Inhaltsstoffe, vor allem Mineralstoffe, besser ausgenutzt werden können, sollte das Getreide eher fein geschrotet oder mit einer Flockenquetsche zu frischen Flocken gepresst und in Wasser oder einem Sauermilchprodukt eingeweicht werden. Dazu genügen 10-30 Minuten. Wer es körniger mag, lässt gröberen Schrot am besten über Nacht quellen. Am beliebtesten und bekanntesten ist Frischkorn als fruchtiges Müsli. Mit Obst harmonieren Weizen, Dinkel, Gerste und Hafer gut. Damit Hafer nicht bitter schmeckt, weichen Sie ihn als frische Flocken oder feinen Schrot nur kurz ein oder verwenden Sie ihn als ganzes Korn. Roggen bietet sich eher in pikanten Kombinationen mit Kräutern und fein geraspelten Gemüsen an.
Was für jede Mahlzeit gilt, sollten Sie bei Köstlichkeiten aus Getreide besonders beherzigen: Kauen Sie jeden Bissen gut! So tun Sie viel für die Bekömmlichkeit und schmecken das Aroma intensiver. Nutzen Sie die Vielfalt, die die unterschiedlichen Getreidesorten in den Speisplan bringen. Gerichte, in denen die vielseitigen Körner die Hauptrolle spielen, finden Sie zum Beispiel auf den Rezeptkarten in der Heftmitte oder im Internet unter www.ugb.de/rezepte.
Quelle: Fromme, S.: UGB-Forum 5/2004, S. 222-224