Ernährung aktuell
Vollwert-Ernährung spart Wasser, bremst den Treibhauseffekt und stärkt den fairen Handel. Wie unsere Ernährung zu einer nachhaltigen Entwicklung für Mensch und Umwelt beiträgt, berichteten Experten am 9. Juni 2012 auf der UGB-Tagung in Luzern. Die Teilnehmer erfuhren zudem den neuesten Forschungsstand zu aktuellen Ernährungsfragen wie Bluthochdruck und Low-Carb-Diäten.
97 Prozent des persönlichen Wasserverbrauchs sind unsichtbar. Das meiste Wasser fließt in die Herstellung von Industrieprodukten und in die Landwirtschaft – vor allem in die Produktion tierischer Lebensmittel. „Ein Kilogramm Fleisch verschlingt etwa so viel Wasser wie eine Person in einem Jahr beim Duschen verbraucht.“ Mit diesem drastischen Beispiel machte Dr. Markus Keller in seinem Vortrag über den virtuellen Wasserverbrauch eindrucksvoll deutlich, wie wir durch unser Handeln den Wasserverbrauch beeinflussen können. Der Leiter der Abteilung Wissenschaft und Forschung des UGB sieht das größte Einsparpotenzial in einer Reduzierung des Fleisch- und Milchkonsums und einer vegetarischen Lebensweise. Beim Einkauf von Lebensmitteln auf regionale und saisonale Produkte zu achten und Biowaren zu bevorzugen, würde ebenfalls dazu beitragen, den persönlichen Wasserfußabdruck zu verringern. Das gelingt auch, wenn aufwendig verpackte Waren gemieden und weniger Lebensmittel weggeworfen werden.
Nachhaltigkeit durch Vollwert-Ernährung
Wie die Vollwert-Ernährung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen beiträgt, machte Dipl. oec. troph. Hans-Helmut Martin in seinem Vortrag deutlich. Auch bei dieser Betrachtung schneiden pflanzliche Lebensmittel aus ökologischem Anbau und regionaler Herkunft eindeutig am besten ab. Tierische und stark verarbeitete Produkte verbrauchten nicht nur mehr Wasser und Energie, sie beanspruchten auch mehr Flächen und verursachten einen höheren Ausstoß von Treibhausgasen. Importierte Lebensmittel, vor allem Flugware wie Fischfilets aus Afrika und Asien oder frische Tropenfrüchte, schnitten im Vergleich zu regionalen Erzeugnissen in der Ökobilanz deutlich schlechter ab.
Fisch besser nur einmal im Monat
Von der Empfehlung der Ernährungsgesellschaften, jede Woche Fisch zu essen, hält Billo Heinzpeter Studer wenig: „Industrielle Fangmethoden bedrohen nicht nur die weltweiten Fischbestände, sondern zerstören ebenso den Lebensraum anderer Meeresbewohner,“ so der Vorsitzende der Schweizer Organisation fair fish. Aquakulturen seien keine Alternative, da sie zusätzlich zur Überfischung beitragen. Die Aquafarmen verbrauchten allein ein Drittel der Meeresfänge als Fischfutter. Für ein Kilogramm Lachs oder Forelle würden 3-5 Kilogramm Fischmehl oder Fischöl verfüttert. Einzige Alternative sei deshalb, den Fischkonsum auf einmal im Monat zu reduzieren. Das sei auch ernährungsphysiologisch vertretbar, wenn insgesamt weniger gesättigte Fette und Omega-6-Fettsäuren gegessen würden und statt dessen mehr Omega-3-reiche pflanzliche Öle wie Walnuss- und Rapsöl sowie Nüsse auf den Tisch kommen.
Dass Essen im globalen Zeitalter längst nicht mehr nur Privatsache ist, stellte Andrea Hüssen von der globalisierungskritischen Organisation „Erklärung von Bern“ klar. Spekulativer Handel mit Lebensmitteln oder Importe von Lebens- und Futtermitteln aus den Ländern des Südens gingen auf Kosten der Armen. Die Folgen seien miserable Arbeitsbedingungen für Plantagenarbeiter, Kinderarbeit, unsichere Einkommen für Kleinbauern, gefährlicher Umgang mit Pestiziden und Verschärfung von Armut und Hunger. Verantwortungsvolle Verbraucher sollten deshalb stärker auf die Herkunft der Lebensmittel achten und Produkte aus fairem Handel, ökologischem Anbau und regionaler Erzeugung wählen.
Gesund und schlank mit Low carb?
Dieser Frage ging Nathalie Faller von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) nach. Dabei machte sie klar, das die meisten Low-Carb-Diäten wie Atkins-, Glyx- oder LOGI-Methode nicht oder nur bedingt empfehlenswert sind. Vielmehr komme es bei der Gewichtsreduktion auf eine Änderung des Essverhaltens, eine ausgewogene Lebensmittelauswahl und regelmäßige Bewegung an.
In einem zweiten Vortrag zeigte Hans-Helmut Martin Möglichkeiten für Nacht- und Schichtarbeiter auf, durch angepasstes Essen typische Beschwerden zu vermeiden. „Die Gefahr für gestörtes Essverhalten und Übergewicht steigt unter Schichtarbeit erheblich an,“ berichtete der Gießener Ernährungswissenschaftler. Vor der Nachtschicht sollte immer ein leichtes Abendessen eingenommen und eine warme Hauptmahlzeit während der Nachtschicht eingeplant werden.
Bluthochdruck: Mit Ernährung vorbeugen
Zu hoher Blutdruck scheint sich zu einer Volkskrankheit zu entwickeln. „Bei weniger als 60 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen liegt der Blutdruck im Normalbereich,“ berichtete Dr. Birk Büchter aus St. Gallen. „Ob und in welchem Umfang die Ernährung dabei eine Rolle spielt, ist immer noch umstritten,“ erläuterte der Ernährungsmediziner. Neue Untersuchungen lieferten hier zum Teil widersprüchliche Ergebnisse. Neueste Studien schreiben insbesondere Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren einen blutdrucksenkenden Effekt zu. Ebenso wirke eine vegetarische Ernährung positiv.
Hans-Helmut Martin/Stefan Weigt