Online-Tagung zum UGB-Jubiläum
Über 550 Zuschauer nahmen vom 7.-8. Mai an der Online-Tagung des UGB teil. Das virtuelle Format ermöglichte die Zuschaltung von Referenten aus den Nachbarländern und sogar aus Übersee. Statt Pausenverpflegung durch einen Bio-Caterer gab es gut vorzubereitende Rezepte für zu Hause. Und auf die bei UGB-Tagungen beliebten Bewegungspausen mussten die Teilnehmer auch nicht verzichten.
Inhalt
- Weizen: Weniger schädlich als gedacht
- Bio muss glaubwürdig bleiben
- Ausgeschlafen in den zweiten Tag
- Fixierung auf gesundes Essen
- Fettempfehlungen in der Diskussion
Saures Aufstoßen, Druck hinter dem Brustbein und Zungenbrennen können erste Hinweise auf einen Magenreflux sein. Dass dieser Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre auch unbemerkt erfolgen kann, berichtete der Arzt für Naturheilverfahren Dr. Rainer Matejka im Eröffnungsvortrag. Neben einer medikamentösen Therapie empfahl der Arzt für Naturheilverfahren verschiedene diätetische Maßnahmen. Zudem stelle die Phytomedizin eine Reihe pflanzlicher Wirkstoffe und Heilpflanzen bereit, die zusammen mit Ruhe und Entspannung den Heilungsprozess beschleunigten.
Einen Einblick in die natürlichen Alterungsprozesse des Körpers gewährte Prof. Dr. Gunter P. Eckert. Der Ernährungswissenschaftler stellte die Bedeutung von Ernährung für die Zellalterung dar und berichtete über neuste Erkenntnisse der Forschung. Sein Augenmerk lag vor allem auf der ernährungsbasierten Prävention von Demenz. Dabei stellte er insbesondere die nachgewiesenen Effekte der mediterranen Diät und der darin enthaltenen Polyphenole dar. Sein Fazit: Eine pflanzenbetonte, bunte Ernährung versorgt uns mit vielen gesundheitsförderlichen Stoffen und trägt zu einer Verbesserung der zellulären Gesundheit bei.
Das Auftreten einer nichtalkoholischen Fettleber (NAFLD) steht in enger Wechselbeziehung zum Typ-2-Diabetes und Adipositas. „Nicht selten bleibt die Erkrankung zunächst unentdeckt, da es weder typische Symptome gibt noch verlässliche Laborparameter“, berichtete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Günther Schwarz. Da bis heute keine medikamentöse Therapie möglich sei, sieht er in der Reduktion von fettreichen und süßen Snacks sowie mindestens 75-100 Minuten Sport pro Woche die wichtigsten Präventions- und Therapiemaßnahmen. Ferner wies der wissenschaftliche Leiter der Tagung auf die schweren Verläufe einer Virusinfektion im Zusammenhang mit einer Fettleber hin. „Joggen und Gemüse sind deshalb als effektive Maßnahmen in der Prävention eines schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkankung anzusehen“, hob Schwarz hervor.
Weizen: Weniger schädlich als gedacht
Im Anschluss referierte die Schweizer Ernährungsberaterin Beatrice Schilling zu den bei vielen Verbrauchern in Ungnade gefallenen Weizen und Gluten. Dabei widmete sie sich der Frage, für wen der Verzehr überhaupt ein Problem darstelle. Die Expertin für gastrointestinale Erkrankungen machte deutlich, dass ein Verzicht auf Weizen nur bei Zöliakie, einer Weizenallergie und bestimmten Unverträglichkeiten notwendig sei. Zudem erläuterte sie die Rolle der sogenannten FODMAPs, die manchen Patienten mit einem Reizdarm Probleme bereiteten. Dabei behielt sie stets einen ganzheitlichen Blick auf die Thematik und plädierte vor allem für eine abwechslungsreiche Ernährung. „Für gesunde Menschen auch gerne mit Weizen“, so die Ernährungstherapeutin.
Einen Blick über den Tellerrand hin zu fernen Kulturen wagte Hans-Helmut Martin, wissenschaftlicher Leiter der Tagung, zusammen mit Qingshan Liu aus Michigan (USA). In einem spannenden Interview berichtete der Großmeister für Qigong von den Grundsätzen der Traditionellen Chinesischen Medizin. Zugleich machte der studierte Mediziner die wesentlichen Unterschiede zwischen der traditionellen Medizin aus Asien und der westlichen Schulmedizin deutlich.
Bio muss glaubwürdig bleiben
Die wachsenden Zahlen im Biosektor sprechen für sich – immer mehr Menschen entscheiden sich für biologisch erzeugte Lebensmittel. Agraringenieur Jörg Große-Lochtmann porträtierte die aktuelle Situation des Biomarktes und führte die Zuhörer durch das Dickicht der weltweiten Biosiegel. Mit kritischem Blick betrachtete er das wachsende Bioangebot. Dabei zeigte er auf, dass die Grenzen zwischen konventionellen und ökologischen Handelsformen immer mehr verschwimmen, beispielsweise wenn Discounter und Händler Bioware zu Niedrigpreisen anbieten. Für die Zukunft der Biobranche unterstrich er deshalb die Wichtigkeit von Transparenz und Glaubwürdigkeit von Seiten der Bioproduzenten.
Ausgeschlafen in den zweiten Tag
Nach einem spannenden ersten Vortragstag eröffnete am Samstagmorgen Apotheker Alexander Schäfer die Tagung mit einem Beitrag über gesunden Schlaf. Rund 25 Prozent der Deutschen litten an Schlafstörungen. Dabei machte der Apotheker deutlich, wie wichtig ein gesunder Schlaf für die Regeneration unseres Körpers sei. In seinem Vortrag verknüpfte er auch die Bedeutung von Ernährung mit Schlaf. Denn die Zusammensetzung der Mahlzeiten habe Einfluss auf den Stoffwechsel während der Nachtruhe.
Wie die Psyche unser Immunsystem beeinflusst, erklärte Prof. Dr. Dr. Christian Schubert aus Innsbruck im anschließenden Vortrag. Leicht verständlich erläuterte der Psychoneuroimmunologe die komplexen Zusammenhänge zwischen chronischem Stress, Psyche und Immunsystem. Er plädierte für einen notwendigen Paradigmenwechsel in Medizin und Forschung, denn Körper und Geist könnten nicht vollkommen getrennt voneinander betrachtet werden.
Fixierung auf gesundes Essen
„Nicht jeder, der sich sehr gesund ernährt, zeigt orthorektisches Essverhalten.“ Die Psychologin Frederike Barthels von der Uni Düsseldorf warnte vor vorschneller Pathologisierung. Orthorexie entwickle sich aus einem krankheitsängstlichen Verhalten und zeige sich vor allem in der zwangshaften Beschäftigung mit vermeintlich gesundem Essen. Denn die Bewertung erfolge ausschließlich nach subjektiven Kriterien. Gehandelt werden müsse, wenn der Leidensdruck der oft perfektionistischen Betroffenen hoch ist, sie sich sozial zunehmend isolieren oder eine Mangelernährung droht. Ziel in der Beratung sei es, die Zahl der erlaubten Lebensmittel allmählich zu erhöhen und intuitives Essverhalten zu fördern.
Krebsforscher stufen neu entdeckte Erreger in Rindfleisch und Kuhmilch als indirekt krebserregend ein. Den aktuellen Forschungsstand zu diesen Plasmidomen beleuchteten UGB-Dozentin Julia Bansner und UGB-Präsidentin Edith Gätjen. Wer sicher gehen möchte, könne für die Beikost im ersten Lebensjahr Kuh- durch Ziegenmilch und Rindfleisch durch Geflügel und eine Extraportion Ei ersetzen. Für eine vegane Säuglingsernährung ist ausreichend langes Stillen neben gutem Ernährungswissen eine entscheidende Voraussetzung. Zudem sollte die Beikost dann mit Mikroalgenöl, Nori-Flocken und frischen Lebensmitteln zubereitet werden.
Ist der Nutri-Score wirklich ein Durchbruch in der Ernährungsprävention? Nicht nur für Ernährungsfachkräfte ist das neuartige Ampelsystem ein viel diskutiertes Thema. Einerseits biete es die Möglichkeit, den gesundheitlichen Wert verarbeiteter Lebensmittel einzuschätzen und könne so zu einer gesünderen Ernährung beitragen. Andererseits sei seine Bewertung nicht immer optimal; etwa wenn eine süßstoffgesüßte Limonade besser abschneide als ein Bio-Apfelsaft. Dr. Stefanie Gerlach, Mediensprecherin der Deutschen Adipositas Gesellschaft, stand Rede und Antwort zum umstrittenen Nutri-Score. Neben vielen Vorteilen gegenüber anderen Labels auf europäischer Ebene machte sie auch die Schwächen der Lebensmittelampel deutlich.
Fettempfehlungen in der Diskussion
Im abschließenden Vortrag räumte Hans-Helmut Martin mit einigen Vorurteilen rund um das Thema Fett auf. So seien nicht alle gesättigten Fettsäuren ungesund und auch tierische Lebensmittel enthielten einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. LDL-Cholesterin sei zudem nicht per se ein kritischer Stoffwechselmarker, denn es versorge die Zellen mit Cholesterin, die daraus unter anderem Hormone bilden. Allerdings korreliere eine hohe Fettzufuhr mit einem höheren Risiko für Dickdarmkrebs. Da aber auch eine zu hohe Zufuhr an Kohlenhydraten oder Proteinen mit Nachteilen verbunden sei, komme es insgesamt auf Qualität statt Quantität an.
„Das Konzept der Vollwert-Ernährung passt einfach!“, freute sich Edith Gätjen zum Ende der Tagung. Eine gebührende Feier anlässlich des 40-jährigen Gründungsjubiläums des UGB musste coronabedingt leider ausfallen. Etliche Teilnehmer nutzten aber die Gelegenheit, Glückwünsche und Grüße im virtuellen Gästebuch unter www.ugb.de/jubilaeum zu hinterlassen. Allen Gratulanten einen herzlichen Dank dafür.
Bild © UGB
Stichworte: UGB-Tagung, Magen, Alterungsprozesse, Demenz, Prävention, nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, NAFLD, Weizen, Gluten, FODMAP, Schlaf, Orthorexie, Plasmidome, Nutri-Score, Fett
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UGBforum 3/2021
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