Wertvolles aus der Hülse
Sie helfen beim Abnehmen, regulieren den Blutzuckerspiegel und sind gut fürs Herz. Erbsen, Bohnen und Linsen sind nährstoffreich und leisten einen wichtigen Beitrag zur gesunden Ernährung. Die kleinen Körner haben mehr Aufmerksamkeit verdient.
Ob Mungo- oder Kidneybohnen, rote oder braune Belugalinsen, Mark- oder Zuckererbsen – auf dem Markt gibt es Hülsenfrüchte in etlichen Formen und Farben. Mit weltweit über 20.000 Arten sind die Hülsenfrüchtler, auch Leguminosen genannt, eine der größten Pflanzenfamilien. Botaniker bezeichnen dabei ihre Samen, die in einer Hülse heranreifen, als Hülsenfrüchte. Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen, Sojabohnen und Lupinen gehören zu den landwirtschaftlich wichtigsten Leguminosen. Mittlerweile werden die Samen zu Mehl, Milch, Aufstrichen, Fleischersatz und vielen weiteren Produkten verarbeitet. Erdnüsse zählen botanisch gesehen auch zu den Hülsenfrüchten, weisen aber einen deutlich höheren Fettgehalt und weniger Protein auf. In der Ernährung werden sie deshalb eher der Lebensmittelgruppe Nüsse zugeordnet. Lupinen sind erst seit relativ kurzer Zeit auf dem Markt. Dabei sind nur die speziell gezüchteten Süßlupinen zum Verzehr geeignet. Die Samen wilder und Gartenlupinen enthalten einen giftigen Bitterstoff und sind unbehandelt nicht genießbar.
Die Mischung macht´s
Kein anderes pflanzliches Lebensmittel kann mit dem Eiweißgehalt von Hülsenfrüchten mithalten. Im getrockneten Zustand beträgt der Proteingehalt 20 bis 38 Prozent, Sojabohnen und Süßlupinen weisen die höchsten Gehalte auf. Daher spielen Hülsenfrüchte in der vegetarischen und veganen Ernährung eine wichtige Rolle. Bezüglich der Proteinqualität brauchen sie den Vergleich mit tierischem Protein nicht zu scheuen. Ein Maß, um die Qualität zu bewerten, ist die biologische Wertigkeit. Je ähnlicher die Nahrungsproteine den Körperproteinen (Muskeln und Enzyme) in der Zusammensetzung der Aminosäuren sind, desto höher ist die Proteinqualität. Besondere Bedeutung kommt hierbei dem Gehalt an unentbehrlichen Aminosäuren zu, da der Körper diese nicht selbst herstellen kann und sie mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Die biologische Wertigkeit von Vollei wird gleich 100 gesetzt, weil das Eiprotein dem menschlichen Aminosäuremuster sehr ähnlich ist. Alle anderen Proteine von Lebensmitteln werden damit verglichen.
Die biologische Wertigkeit von Hülsenfrüchten reicht von 45 für Linsen, 50 bis 65 für Bohnen und Erbsen bis zu 80 bei Sojabohnen. Hülsenfrüchten mangelt es beispielsweise an der unentbehrlichen Aminosäure Methionin, dafür weisen sie einen hohen Anteil der Aminosäure Lysin auf. Bei Getreide ist es genau anders herum, so dass sich die beiden Lebensmittelgruppen ideal ergänzen. In Kombination mit Getreide und anderen pflanzlichen Lebensmitteln erreichen sie eine Biologische Wertigkeit von 100 und mehr. Vegetarier und Veganer sind also hinsichtlich der Proteinaufnahme gut versorgt, wenn sie pflanzliches Eiweiß aus Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse, Kartoffeln und Nüssen abwechslungsreich kombinieren.
Hohe Nährstoffdichte
Hülsenfrüchte liefern zum größten Teil komplexe Kohlenhydrate in Form von Stärke, viele enthalten fast kein Fett. Lupinen und Kichererbsen sind mit rund 10 beziehungsweise 6 Gramm etwas fettreicher. Sojabohnen und Erdnüsse kommen sogar auf 18 beziehungsweise 48 Gramm Fett; sie weisen einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren auf.
Linsen, Bohnen und Erbsen führen bei vielen Menschen zu Blähungen, weshalb sie nicht den besten Ruf haben. Schuld daran sind schwer verdauliche Kohlenhydrate, zu denen die Oligosaccharide Stachyose und Verbascose zählen. Bakterien im Darm bauen sie ab, wobei unter anderem Gase entstehen. Wer aber regelmäßig Hülsenfrüchte isst und den Darm langsam daran gewöhnt, hat seltener mit Darmwinden zu tun. Die Samen sind besser verträglich, wenn sie einige Stunden einweichen. Dabei lösen sich die blähungsauslösenden Oligosaccharide und landen im Einweichwasser. Wer empfindlich ist und zu Blähungen neigt, sollte es deshalb wegschütten.
Lieferant für Ballaststoffe
Bemerkenswert ist der hohe Ballaststoffanteil von Hülsenfrüchten. Linsen und Erbsen enthalten durchschnittlich 17 Gramm, Sojabohnen 22 Gramm pro 100 Gramm Lebensmittel. Die pflanzlichen Fasern regen durch ihre Fähigkeit, Wasser zu binden, die Darmtätigkeit an, verbessern das Sättigungsgefühl und lassen den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen. Zugleich fördern sie die Darmgesundheit. Denn Hülsenfrüchte enthalten hauptsächlich lösliche Ballaststoffe, die im Dickdarm von Darmbakterien verstoffwechselt werden. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, die den Darmbakterien als Nahrung dienen. Dadurch wirken sie präbiotisch und möglicherweise krebshemmend. Weiterhin können lösliche Ballaststoffe den Cholesterinspiegel senken, da sie Gallensäuren binden. Die Vollwert-Ernährung empfiehlt mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag, wünschenswert sind sogar 40 bis 50 Gramm. Die meisten Menschen nehmen zu wenige Ballaststoffe auf. Hülsenfrüchte können helfen, die Versorgung zu verbessern.
Wertvolle Inhaltsstoffe
Proteine | Fett | verwertbare Kohlenhydrate | Ballaststoffe | |
Sojabohnen | 35 | 18 | 6 | 22 |
Linsen | 24 | 2 | 41 | 17 |
Erbsen | 23 | 1 | 41 | 17 |
Bohnen, weiß | 21 | 2 | 35 | 23 |
Kichererbsen | 19 | 6 | 44 | 16 |
Lupinen1 | 36 | 10 | 40 | 19 |
Angaben in Gramm pro 100 Gramm getrocknete Hülsenfrüchte (gerundet). Die Werte können je nach Sorte und Anbaugebiet schwanken.
Quellen: Elmadfa u.a. (2009). Die große GU Nährwert Kalorien Tabelle.
1 National Nutrient Database (2019). www.usda.gov
Hülsenfrüchte sind darüber hinaus eine gute pflanzliche Quelle für Vitamine und Mineralstoffe. Sie liefern vor allem Thiamin (Vitamin B1), Riboflavin (Vitamin B2) und Folsäure. Fettreichere Hülsenfrüchte wie Sojabohnen und Kichererbsen enthalten auch die fettlöslichen Vitamine A und E in nennenswerten Mengen. An Mineralstoffen punkten sie insbesondere mit Kalium, Magnesium, Phosphor und Eisen. Lupinen und Sojabohnen weisen auch hohe Calciumgehalte auf. Leguminosen sind ferner gute Quellen für sekundäre Pflanzenstoffe, insbesondere für Flavonoide, Phytoöstrogene, Phytosterine und Saponine. Flavonoide zeigen beispielsweise antimikrobielle und antioxidative Eigenschaften und Saponine wirken in Laborstudien krebshemmend und cholesterinsenkend.
Gut fürs Herz und die Figur
Vor allem die gute Proteinqualität, der hohe Ballaststoffgehalt, die hohe Nährstoffdichte und die vielen sekundären Pflanzenstoffe tragen dazu bei, dass sich der regelmäßige Verzehr von Hülsenfrüchten positiv auf die Gesundheit auswirkt. Zahlreiche klinische Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Ernährung mit Bohnen, Erbsen und Linsen dabei helfen kann, chronischen Erkrankungen vorzubeugen. Epidemiologische Studien konnten nachweisen, dass sich ein regelmäßiger Verzehr von Hülsenfrüchten positiv auf das Gewichtsmanagement auswirkt, bei Menschen mit und ohne Diabetes die Blutzuckerwerte verbessert und das Risiko für koronare Herzkrankheiten und Dickdarmkrebs senkt.
Wissenschaftler der Universität Rovira i Virgili in Spanien hatten über 3300 Probanden ab 55 Jahren mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen begleitet. Im Laufe von vier Jahren entwickelten 266 Teilnehmer Typ-2-Diabetes. Wer mindestens drei Portionen Hülsenfrüchte pro Woche aß, hatte ein um 35 Prozent geringeres Typ-2-Diabetes-Risiko als Menschen, die höchstens 1,5 Portionen pro Woche verzehrten. Insbesondere Linsen schienen einen positiven Effekt zu haben. In einer Meta-Analyse mit 35 Studien konnte nachgewiesen werden, dass Sojaproteine einen günstigen Effekt auf die Blutfettwerte haben, insbesondere bei Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten. Soja steht auch im Zusammenhang mit einem geringeren Risiko für Brust- und Prostatakrebs, was auf ihren Gehalt an Phytoöstrogenen zurückzuführen ist (siehe S. 62). Viele der Studien beziehen sich auf einzelne Hülsenfrüchte beziehungsweise Fraktionen daraus, wie Proteine oder Ballaststoffe. Deshalb sind viele Zusammenhänge noch nicht abschließend geklärt. Allgemeine Aussagen bleiben schwierig.
Während frühere Studien häufig mit Sojaprotein durchgeführt wurden, erscheinen in den letzten Jahren immer mehr wissenschaftliche Arbeiten über die gesundheitliche Bedeutung von Lupinen. Wissenschaftler der Universität Jena sowie australische Forscher haben entdeckt, dass Süßlupinen den Blutdruck senken, die Blutfettwerte verbessern, die Insulinsensitivität erhöhen und die Zusammensetzung der Darmbakterien günstig beeinflussen. Die Experten vermuten, dass für viele Effekte die Aminosäure Arginin mitverantwortlich ist, deren Gehalt in Lupinen deutlich höher ist als in anderen Hülsenfrüchten.
Hülsenfrüchte gut durchgaren
Im Zusammenhang mit Hülsenfrüchten wird auch viel über angeblich giftige Inhaltstoffe gesprochen. In der Regel ist bekannt, dass Hülsenfrüchte nicht unerhitzt gegessen werden sollten. In dieser Form können die Substanzen unverträglich oder gar gesundheitsschädlich sein. Dazu gehören sekundäre Pflanzenstoffe wie Lektine, Protease-Inhibitoren, Phytinsäure und Tannine. Pflanzen dienen sie dazu, Schädlinge, Krankheiten und andere Fraßfeinde abzuwehren.
Beim Verzehr roher Bohnen, Kichererbsen und Linsen kann es durch Lektine (Hämagglutinine) zu Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen oder Verkleben der roten Blutkörperchen kommen. Das bekannteste Lektin ist das Phasin in grünen Bohnen. Mitunter enthalten Hülsenfrüchte hohe Anteile an Lektinen. Da diese Proteine hitzeempfindlich sind, werden sie bereits durch 15-minütiges Kochen zerstört und damit unwirksam. Teilweise werden sie auch durch Keimen abgebaut, vorsichtshalber sollte man Keimlinge jedoch zusätzlich blanchieren. Kochen zerstört auch die meisten Protease-Inhibitoren. Sie hemmen die Aktivität von Enzymen, die Proteine spalten.
Einweichen löst Inhaltsstoffe
Die Gehalte von Phytinsäure in Hülsenfrüchten schwanken erheblich. Sie sind unter anderem abhängig von der Art der Pflanze, den klimatischen Bedingungen und der Bodenqualität. Der sekundäre Pflanzenstoff bindet Mineralstoffe wie Eisen, Zink oder Magnesium, sodass sie für den Körper nicht verfügbar sind. Durch Verarbeitungsschritte wie Einweichen und Keimen wird das Enzym Phytase aktiviert, das die chemische Verbindung aus Phytinsäure und Mineralien wieder lösen kann. So werden 25 bis 80 Prozent der Phytinsäure abgebaut. Mittlerweile gibt es auch Hinweise, dass der Pflanzenstoff dazu beiträgt, den Blutzucker zu regulieren, Cholesterin zu senken und Krebskrankheiten vorzubeugen. Auch die anderen unerwünschten Pflanzenstoffe besitzen nach neuesten Untersuchungen gesundheitsfördernde Eigenschaften.
Tannine, die vor allem in der Ackerbohne vorkommen, sind Gerbstoffe und finden sich in Hülsenfrüchten insbesondere in den Randschichten. Sie hemmen Verdauungsenzyme und können Mineralstoffe binden. Erkennbar sind sie daran, dass sie im Mund ein stumpfes, pelziges Gefühl verursachen und auf die Schleimhäute zusammenziehend wirken. Kochen und Keimen reduziert den Gehalt an Tanninen. Wer ansonsten Vollkornprodukte bevorzugt, reichlich Gemüse und Obst verzehrt und sich abwechslungsreich ernährt, hat keinen Mangel an Mineralstoffen zu befürchten.
Problematischer ist die in Lima- und Urdbohne enthaltene Blausäure. An Zuckerreste gebunden kommt sie auch in anderen pflanzlichen Lebensmitteln wie bitteren Mandeln und Aprikosenkernen vor. Blausäure blockiert die Energieversorgung der Organe. Beim Einweichen und Kochen tritt sie in das Kochwasser über. Das Wasser ist bei diesen Bohnensorten also unbedingt wegzugießen.
Die wahren Alleskönner
Die Zusammenhänge zwischen chronischen Erkrankungen, der Ernährung und anderen Lebensstilfaktoren sind sehr komplex. In Studien sind gesundheitliche Wirkungen einzelnen Lebensmitteln kaum eindeutig zuzuordnen. Sicher aber ist, dass Hülsenfrüchte einen wichtigen Beitrag zu einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung leisten. Wer sie regelmäßig isst, tut seinem Körper daher auf jeden Fall etwas Gutes. Die kleinen Kraftpakete haben deshalb größere Aufmerksamkeit und einen festen Platz in der Alltagsküche verdient.
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UGBforum 2/2019
Erbsen, Bohnen, Linsen – Gutes aus der Hülse
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