Grüne Soße: Alles im grünen Bereich
Sobald die ersten Kräuter auf Wiesen und in Gärten sprießen, wird die Frankfurter Grüne Soße zubereitet. Die aus dem Süden Hessens stammende Komposition mit sieben bestimmten Kräutern basiert auf einem alten Rezept, das sich in zahlreichen Varianten zubereiten lässt.
Nur wenige traditionelle Rezepte haben heute noch so viele Fans wie die Frankfurter Grüne Soße, die in hessischer Mundart „Grie Soß“ heißt. Ihr zuliebe wurde ein Denkmal errichtet und ein Verein gegründet, der sich für ihre Förderung und Verbreitung einsetzt. Seit 2016 ist die Frischkräuterkomposition für die Grüne Soße namentlich geschützt. Die Bezeichnung „Frankfurter Grüne Soße“ bedeutet, dass genau sieben ausgewählte Kräuter aus dem Raum Frankfurt im Rezept enthalten sind. Doch auch weit über die hessische Stadt hinaus sind extra abgepackte Kräuterbündel für eine grüne Soße erhältlich. Grundlage sind neben den geschmacksgebenden Kräutern Milchprodukte wie Schmand, das heißt saure Sahne mit einem Fettanteil von mindestens 20 Prozent, oder Crème fraîche sowie Essig, Senf und Gewürze. Bei der Zubereitung kann allerdings jeder seinen individuellen Geschmack ins Spiel bringen. Das jährlich ausgetragene Grüne Soße Festival kürt das leckerste Rezept der Gastronomen in Frankfurt.
Die Mischung macht´s
Als Klassiker in der hessischen Küche kommt die Grüne Soße als vegetarisches Gericht mit Salzkartoffeln und hartgekochtem Ei auf den Teller. Fisch, Spargel oder gekochtes Rindfleisch werden gelegentlich als Beilage serviert. Die sieben ausgewählten Kräuter Petersilie, Schnittlauch, Pimpinelle, Kresse, Borretsch, Sauerampfer und Kerbel bilden das Herzstück der Soße. Sie gelangen traditionell ab Gründonnerstag in den Handel und sind über den gesamten Sommer hinweg auf dem Wochenmarkt und in so manchen Lebensmittelmärkten erhältlich. Stets wird das umfangreiche Kräuterbündel sehr fein gehackt und mit den weiteren Zutaten vermischt. Die üblicherweise dazu gehörenden gekochten Eier können kleingeschnitten und untergerührt oder getrennt dazu serviert werden. Für die Zubereitung gibt es keine festen Mengenvorgaben, sodass trotz gleicher Zutaten individuelle Rezepte entstehen.
Nährstoffreiche Kräuter
Das Besondere an der grünen Soße ist die Vielfalt und die Menge der verwendeten heimischen Kräuter. Alle liefern zahlreiche Mineralstoffe wie Eisen, Kalium, Magnesium und Calcium. Auch die Vitamine C, A und K sind in großen Mengen enthalten. Einige der Kräuter zeichnen sich zusätzlich durch spezifische Inhaltsstoffe wie Flavonoide und Gerbstoffe aus der Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe aus.
Schnittlauch enthält zum Beispiel die in allen Zwiebelgewächsen vorkommenden Isoalliine. Die schwefelhaltigen Verbindungen, die für das Tränenvergießen beim Schneiden der Gewächse sorgen, zeigen in Studien günstige Effekte auf den Cholesterinspiegel, Blutdruck und Blutzucker. Petersilie und Kerbel punkten durch ihren Gehalt an ätherischen Ölen und sowohl Borretsch als auch Schnittlauch enthalten Schleimstoffe, die sich positiv auf die Darmfunktion und die Schleimhäute auswirken. Die gewöhnliche Kresse ist durch ihren scharfen Geschmack ein wertvoller Lieferant der Senföle. Diesen werden antibakterielle, antivirale sowie antientzündliche und verdauungsanregende Funktionen zugeschrieben. Die fettreichen Milchprodukte und die gekochten Eier trüben den gesundheitlichen Benefit der Grünen Soße etwas.
Greift man statt der hausgemachten Soße auf die Fertigvarianten aus dem Supermarkt zurück, lohnt ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe. Zucker, Salz, Verdickungsmittel, Farb- und andere Zusatzstoffe machen aus der Grünen Soße einen verarbeiteten Cocktail, der nicht mehr viel mit dem Frankfurter Original zu tun hat. Auch der Kalorien- und Fettgehalt ist meist höher als bei der selbstgemachten Variante.
Am besten bio und regional
Die hausgemachte Soße punktet auch in Hinblick auf Klima und Nachhaltigkeit. Denn die Kräuter gelangen aus dem regionalen Anbau oder dem heimischen Gemüsegarten in die Soße. So sind die Transportwege kurz und die Emissionen an Treibhausgasen gering, und damit auch die Belastung für die Umwelt. Der Griff zu Bio-Ware lohnt: Bio-zertifizierte Kräuter sind nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2012 weniger mit Pestiziden belastet. Dagegen waren vor allem Kräuter aus Übersee tendenziell höher belastet.
In der Hochsaison bieten Gemüsehändler:innen die dicken Bündel aus den sieben Kräutern fertig verpackt an. Wer im Winter Lust auf den regionalen Klassiker bekommt, kann die Mischung auch tiefgekühlt und fertig geschnitten kaufen. In Bundesländern außerhalb von Hessen sind meist alternative Beschaffungswege notwendig. Wer ein Kräuterbeet oder einen Balkon zur Verfügung hat, bekommt ein Samenset der sieben Kräutern im Handel und kann diese aussähen. Frisch geerntet liefern Kräuter den gesundheitlich höchsten Mehrwert. Wochenmärkte bieten saisonale Ware an und wer mag, mischt sich nach eigenem Gusto seine Lieblingskräuter. Wer zusätzlich in der Natur sammeln möchte, sollte sich ausreichend informieren, welche Kräuter im Erntekorb landen und ob es giftige Verwechslungspartner gibt.
Die Kräutermischung findet ihren Platz auch in Teigtaschen, Pesto oder auf einer Quiche. Eine ausgefallene Variante aus der Heimat der „Grie Soß“ ist das Grüne Soße Eis, welches sicherlich einen mutigen Gaumen verlangt.
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Stichworte: Grüne Soße, Kräuter, Schnittlauch, Petersilie, Borretsch, Pimpinelle, Kresse, Kerbel, Sauerampfer, Sekundäre Pflanzenstoffe, Isoalliine, Senföle, Antibakteriell, Milchprodukte
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