Bio-Spitzenköche: Experten für Genuss

Wer außer Haus essen geht, erwartet besondere Gaumenfreuden. Spitzenköche geben dafür ihr Bestes. Für erlesenen Genuss setzen viele Profis auf hochwertige Bioqualität, regionale Produkte und natürlich ihre Handwerkskunst.

Bio-Koch

Bio-Spitzenkoch Bernd Trum (rechts) setzt in seiner Küche genauso wie in seinen Seminaren auf hochwertige Biolebensmittel.

Pastinaken im Sesammantel oder Reiskonfekt mit Nussmus - das hört sich gut an, ist gesund und schmeckt einfach lecker. Mit pfiffigen Ideen, ihrer Kochkunst und sorgfältig ausgewählten Zutaten schaffen kreative Köche immer wieder neue Genusserlebnisse. Viele Köche der gehobenen Gastronomie bevorzugen dafür Biozutaten aus regionaler Produktion. Zu den Profis, die sich Bio auf die Fahne geschrieben haben, zählen beispielsweise Helmut Million und Bernd Trum. Gemeinsam mit rund 20 anderen Kollegen engagieren sie sich als Bio-Spitzenköche für Lebensfreude, Genuss und gesundes Essen, das mit biologischer Landwirtschaft Hand in Hand geht. Schon 2003 schlossen sich zehn von ihnen zu den United Cooks of Nature zusammen. Die damalige Verbraucherministerin Renate Künast rief diese Aktion ins Leben, um hochwertigen Biospeisen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Und das ist allen Beteiligten gelungen. Der englische Titel ist mittlerweile durch den deutschen ersetzt. Ihr Ziel ist dasselbe geblieben: Im Rahmen des Bundesprogramms ökologischer Landbau zeigen die Bio-Spitzenköche beispielsweise in Kindergärten und Kantinen, auf Messen oder im Fernsehen wie abwechslungsreich und genussvoll Speisen aus ökologischen Zutaten sind.

Bio verspricht bestes Aroma

Seit über 30 Jahren kocht Küchenchef Helmut Million vollwertig. An der UGB bildet er Küchenfachkräfte zu UGB-GourmetköchInnen aus.

Helmut Million war schon früh von biologisch produzierten Lebensmitteln überzeugt. Bereits 1975 legte der Küchenchef der Kurpark Klinik Überlingen am Bodensee den Grundstein für eine vollwertige Ernährung mit Biolebensmitteln. "Biologisch angebaute Ware liefert das beste Aroma und ist hervorragend im Geschmack", begründet Million seine Begeisterung. "Wir kaufen die Zutaten, wenn sie Saison haben. Dann sind sie reif, enthalten viele Mineralien und Vitamine und schmecken einfach am besten." Denn er weiß, wenn es um Genuss geht, ist der Geschmack das A und O. Täglich bereitet er rund 150 Essen zu und stellt dabei hohe Ansprüche an die Speisen. Sie sollen gut aussehen und schmecken, aber auch gesund, ausgewogen und vollwertig sein. Dieses Wissen gibt er seit 1988 als Dozent an der UGB-Akademie an Köche weiter, die sich zum Gourmetkoch für Vollwert-Ernährung fortbilden.

Vollwertige Gourmetküche weltweit beliebt

Auch Bernd Trum hat diese Ausbildung abgeschlossen. Hier konnte er endlich lernen, sein Faible für biologische Vollwert-Ernährung in die Praxis umzusetzen. Heute ist er ebenfalls als UGB-Dozent tätig und macht sich als Leiter des Küchenmanagement Trum in Großküchen für gesunde Ernährung stark. In seiner Front Cooking Akademie bildet er zudem Show-Köche aus und kocht mit einem 20-köpfigen Team jährlich weltweit auf rund 1000 Veranstaltungen wie Firmenpräsentationen, Botschaftsempfängen oder Jubiläen. Weil das Team für jeden Auftrag die passenden Rezepte kreiert, kommen die Bio-Speisen gut an, die direkt vor den Augen der Gäste zubereitet werden. So verbreitet Couscous mit Kichererbsenkeimlingen und roten Linsen mediterranes Flair und mit Sonnenblumenkernen oder Nüssen ummantelte Steckrübenscheiben rücken das fast vergessene Gemüse raffiniert ins Licht. Dass Bernd Trum dabei auf Biolebensmittel setzt, ist für ihn selbstverständlich. "Saisonale und regionale Bioware garantiert Geschmack, weil sie ausgereift ist und nur kurze Transportwege hinter sich hat," erklärt Trum. "Außerdem," fügt er hinzu, "braucht man beim Genießen kein schlechtes Gewissen zu haben. Denn die Lebensmittel wurden nachhaltig produziert." Doch neben dem Geschmack gehören für ihn auch Spaß, angenehme Unterhaltungen, ein schönes Ambiente und das Wohlfühlen zum echten Genuss.

Mit Lebensmitteln achtsam umgehen

Eine gemütliche Atmosphäre, ruhige Musik, mit Blumen gedeckte Tische, appetitlich angerichtete Menüs, freundliches Servicepersonal und passende Weine zu den Speisen, so fasst Thorben Grübnau seine Vorstellung von Genuss zusammen. Der 26-jährige Küchenchef des Feinschmeckerrestaurants Feingefühl in Westerstede bei Oldenburg möchte, dass seine Gäste sich wohlfühlen und vom Alltag lösen können. Dafür serviert er hochwertige Speisen mit regionalem Bezug. Nachdem Gäste den talentierten Koch empfahlen und Kollegen ihn begutachteten, wurde Grübnau 2005 zum Eurotoques-Chefkoch berufen. Unter der Bezeichnung Eurotoques haben sich vor 20 Jahren Spitzenköche aus ganz Europa zusammengeschlossen mit dem Ziel, Ess- und Lebenskultur und damit heimische Erzeugnisse und Kulturlandschaften zu bewahren. Um Themen wie Kochen, Genießen und Qualitätsbewusstsein in der Ernährung zu vermitteln, bieten die Köche deutschlandweit Geschmacksunterricht in Schulen an. Dabei verarbeiten Eurotoques-Köche ausschließlich frische Produkte und verwenden keine industriell vorgefertigten Speisen. Auch Grübnau nimmt sich Zeit, um die Zutaten sorgsam zuzubereiten. So dauert es drei Tage, wenn er eine braune Soße herstellt. Das Endergebnis hat einen unverwechselbaren Eigengeschmack. Kein Soßenpulver der Welt kann das nachahmen. Hinter dieser Art zu kochen steht für den umweltbewussten Profi seine Grundeinstellung. Wichtig ist ihm die Achtsamkeit, mit der er Lebensmittel einkauft und zubereitet. Für ihn zählt nicht der Verkaufswert, sondern das bewusste und schonende Zubereiten, das Natürlichkeit und Esskultur bewahrt. "Ein tolles Essen muss nicht Hummer oder Gänseleber bedeuten," erklärt er. "Die Wertigkeit hat sich bei mir im Laufe der Zeit verändert. Ein gutes Essen erkenne ich daran, dass dahinter ein Mensch steht, der von ganzem Herzen sein Bestes gegeben hat." Damit das gelingt, kauft Grübnau auf Märkten oder in Hofläden, was Bauern vor Ort produzieren. Die Ware, die er dort erhält, sei nicht vergleichbar mit dem Angebot im Großmarkt. "Kartoffeln und Möhren, die ich direkt beim Biobauern kaufe, sind im Geschmack nicht verwässert, weil sie nicht hoch gezüchtet sind". Im Großmarkt herrsche dagegen der globalisierte Handel, bei dem es um genormtes Aussehen und einen niedrigen Preis gehe, stellt er nüchtern fest. Geschmack und Qualität blieben da auf der Strecke.

Bewusst langsam

Der europäische Verein Slow Food bemüht sich ebenfalls darum, die biologische Vielfalt in unserem Lebensmittelangebot zu bewahren. Die engagierten Mitglieder wollen zudem, dass Erzeuger hochwertiger Lebensmittel fair bezahlt und Verbraucher zu mehr Geschmack erzogen werden. Weil die Schnelllebigkeit unserer Zeit auch dem Essen Tempo macht, setzen Slow-Foodies bewusst ein Zeichen dagegen. Kolja Kleeberg ist einer von ihnen und plädiert für Lebensmittel, die sich von der Masse abheben. Besondere Produkte wie alte Tomaten- oder Kartoffelsorten und Wildkräuter sind das i-Tüpfelchen auf der Speisekarte seines Sternerestaurants Vau in Berlin. Kleeberg ist Inhaber und Chefkoch zugleich. Er sucht ständig nach wertvollen und vergessenen Lebensmitteln, mit denen er nicht nur die Gäste verwöhnt, sondern auch seinen Respekt vor der Natur ausdrückt. Wertvolle Lebensmittel sind für ihn Produkte, hinter denen sich wirklich Leben verbirgt. "Das kann zum Beispiel der Schinken von einem spanischen Schwein sein," erläutert Kleeberg seine Philosophie. "Wenn es zwei Jahre lang im Eichenhain herum tollte und ab und zu in den Teich sprang, hatte es sicher ein angenehmes Leben. Das kann man von einem Schwein, das nach sechs Monaten geschlachtet wird, die es auf Spaltböden mehr liegend als stehend verbracht hat, nicht behaupten." In der Küche von Kleeberg bedeutet diese Einstellung neben der gezielten Produktauswahl auch, dass er Wert auf das Handwerk in seiner Arbeit legt. Beispielsweise backt er das angebotene Brot selbst. Außerdem werden alle Speisen frisch zubereitet. Da es keine warmgehaltenen Gerichte gibt, geht es bei ihm eben nicht Ruckzuck. Gut Ding will Weile haben - das gilt auch fürs Genießen.

Spitzenqualität zu Hause

Die Profiköche leben vor, dass echter Genuss beim Essen nur mit hochwertigen Zutaten und Zeit für sorgfältiges Zubereiten zu haben ist. Gute Qualität lässt sich aber auch zu Hause genießen. Wie das am heimischen Herd gelingen kann, verraten die Profiköche mit persönlichen Tipps. Thorben Grübnau schlägt beispielsweise vor, sich schon beim Kochen Zeit zu nehmen und öfter nette Menschen zum Essen einzuladen. Dann kommt das Genießen in gemütlicher Atmosphäre von ganz allein. Ganz praktisch rät Helmut Million, mehr auf den Geschmack der Lebensmittel zu achten und häufiger Frisches auf den Tisch zu bringen. Für die kommenden Festtage empfiehlt der Küchenchef, den Gaumen mit klassischen Wintergemüsen zu erfreuen. Sein Tipp: Sauerkraut oder Rotkohl lassen sich wunderbar als Strudel backen. Außerdem lässt sich das Gericht gut vorbereiten. Mehr Zeit zum Genießen bleibt mit einer guten Küchenorganisation, meint auch Bernd Trum. "Gemüse putze ich zum Beispiel immer direkt nach dem Einkauf und lagere es dann in einer Vakuumbox. So spare ich Arbeitszeit, Platz im Kühlschrank und kann mir im Handumdrehen einen Salat machen." Für die Feiertage fällt ihm spontan ein Salat aus rohem Grünkohl ein, der mit Walnüssen, Streifen aus getrockneten Tomaten und Äpfeln sowie einem Senf-Sahne-Dressing verfeinert wird. Slow-Food-Koch Kolja Kleeberg schlägt als weihnachtliches Highlight das bei uns eher unbekannte Wintergemüse Stängelkohl vor. Es kommt aus Italien, schmeckt wie die meisten Winterkohlsorten etwas herb und ist auch unter dem Namen Cime die Rape bekannt. Mit Chili, Schafskäse und Öhrchennudeln (Orecchiette) ist es ein klassisches, italienisches Gericht - na dann, guten Appetit und viel Genuss.

Quelle: Rehramann, N.: UGB-FORUM 6/06 S. 270-272

Weiterbildungen mit den Bio-Spitzenköchen an der UGB-Akademie:
Lustvoll schlemmen mit bioaktiven Substanzen – Power-Food
Mit allen Sinnen genießen – Sensorik und Gourmetküche
Gourmet-/Koch, Köchin, Küchenfachkraft Vollwert-Ernährung UGB